Festival Alte Musik Knechtsteden Meditation in Tempel und Hütten

Knechtsteden · Keines der Konzerte beim Festival Alte Musik in Knechtsteden ist so gut besucht wie die gregorianische Nacht. Gut 280 Zuhörer aus dem ganzen Rheinland füllten die Klosterbasilika.

Die Basilika Knechtsteden war einmal mehr Anziehungspunkt für Musikliebhaber.

Die Basilika Knechtsteden war einmal mehr Anziehungspunkt für Musikliebhaber.

Foto: Georg Salzburg (salz)

Sie alle wollten das estnische Vokalensemble „Heinavanker“ hören. Zuletzt waren sie im Jahr 2018 in Knechtsteden.

Ihre Gesangskunst a cappella bietet ein vielstimmiges Porträt früher geistlicher Musik und von Volksliedern aus Estland, baltische Runenlieder und europäische Polyphonie bilden ein Kaleidoskop vielfältiger kultureller Reflexionen.  Dabei kann der Name des Ensembles „Heinavanker“ - zu Deutsch „Heuwagen“ - durchaus folkloristisches Programm sein. Der Name allerdings ist entlehnt einem Altarbild von Hieronymus Bosch aus dem 15. Jahrhundert. Die sechs Sängerinnen und Sänger traten in langen Mönchskutten auf und boten so in der  romanischen Klosterbasilika mit wahrhaft gregorianischen Gesängen ein beeindruckendes Bild.

Wegen persönlicher Umstände eines Ensemblemitglieds musste das Programm kurzfristig geändert werden, begann aber gregorianisch:  Die „Lamentatio“ von Marbrianus de Orto, ein Komponist der franko-flämischen Schule (Renaissance), der auch als einer der ersten das Ordinarium einer Messe vollständig vertonte. Das schaffte auch Johannes Ockegem aus der gleichen Schule, dessen „Kyrie“ aus einer Messe zur Aufführung kam. Immer wechselnde Besetzungen führten unter der Leitung des Komponisten Margo Kõlar zu zusätzlicher Vielfalt. Die Sopranistin Mari-Liis Urb gestaltete das „O nobilissima viriditas“ der Hildegard von Bingen solo zur  gesummten Begleitung, ein gregorianisches „Stetit angelus“ sang Kadri Hunt (Alt) mit dem Tenor Anto Onnis und den Baritonisten  Tönis Kaumann und Taniel Kririkal. Für Abwechslung sorgte auch das estnische Volkslied „Oh Adam, deine Schuld“.

Zwei Zugaben waren auch Dank an ein beifallfreudiges und begeistertes Publikum, darunter der Choral „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“ aus der gleichnamigen Bach-Kantate. Nur: Der permanente Applaus nach jedem Titel störte die überwiegend kontemplative Atmosphäre der Gesänge. „Dass die Tradition der mündlichen Überlieferung alter Gesänge heutzutage wieder an Lebenskraft gewinnt“, sagte der künstlerische Leiter von „Heinavanker“ erklärend, bedeute nicht, dass viel Beifall dem Ausdruck geben müsse.

(nima)
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