Dormagen Mord in Delrath: Schwester des Opfers sagt aus

Dormagen · Am Düsseldorfer Landgericht ist der Prozess um den Mord an einem jungen Mann aus Dormagen fortgesetzt worden. Er war Ende Oktober 2010 in Delrath erschossen worden. Die Familie des Opfers erhob im Prozess schwere Vorwürfe gegen den Angeklagten.

"Er hat durch die Tat unser Familienleben zerstört", erklärte die Schwester des Opfers als Zeugin vor Gericht, "meine Eltern und ich, wir können es einfach nicht fassen." Tapfer hatte die zahnmedizinische Assistentin lange Zeit die Fragen des Richters, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung beantwortet, bei den Gedanken an ihren Bruder allerdings schossen ihr dann die Tränen in die Augen. "Es gab nie Streit oder Stress bei uns in der Familie, mein Bruder war hilfsbereit, ruhig, schüchtern und zurückhaltend. Er hat sich für andere aufgeopfert."

Der 23-Jährige war erschossen worden, weil er laut Staatsanwaltschaft zur falschen Zeit am falschen Ort war. Der Angeklagte hatte zuletzt am ersten Verhandlungstag gestanden, sein Opfer völlig grundlos getötet zu haben. Der gelernte Mechatroniker habe ihm nie etwas getan, sei immer höflich und nett gewesen. "Die ganze Familie kann es nach wie vor nicht begreifen", so die Schwester des Opfers. Um selbst zu verstehen, was am Tattag geschehen sei, habe sie nach dem Mord den Kontakt zur Ehefrau des Täters gesucht. "Sie hat mir beschrieben, wie alles passiert ist." Der Angeklagte habe zunächst an der Tür geklopft, man habe ihm jedoch nicht geöffnet. Dann hätte er die Tür eingetreten und gesagt: "Sprich mit mir oder ich erschieße den Michael." Kurz danach seien auch schon die Schüsse gefallen.

Bereits im Vorfeld der Tat hatte das spätere Opfer seiner Schwester von den Problemen seiner Freundin berichtet. "Die beiden waren sehr eng miteinander befreundet, fast wie Bruder und Schwester. Absolut platonisch." Die Ehefrau des jetzt angeklagten Kölner Geschäftsmannes habe davon berichtet, dass sie von dem 46-Jährigen früher schon einmal massiv bedroht worden sei. Die 22-jährige Dormagenerin habe Angst vor ihm gehabt.

Ebenfalls als Zeuge wurde am zweiten Verhandlungstag auch ein ehemaliger Kollege des Angeklagten gehört. Den 46-jährigen Kerpener hatte der Angeklagte kurz nach den tödlichen Schüssen angerufen. "Er hat sich gemeldet und meinte: Ich hab Mist gebaut, ich hab einen umgebracht." Danach habe er ihm noch die Passwörter für den Firmen-PC genannt und ihm viel Glück gewünscht. "Er meinte noch, er würde jetzt zur Polizei fahren und sich stellen." Danach sei das ungewöhnliche Telefonat beendet gewesen. "Als Kollege war er freundlich und hilfsbereit", so der Zeuge, "allerdings haben wir gemerkt, dass er Probleme in seiner Ehe hatte."

Der Prozess soll in den nächsten Wochen noch mit einer Reihe von weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt werden. Nächster Verhandlungstag ist der 8. Juni, das Urteil soll Ende des Monats verkündet werden. Dem Angeklagten droht eine lebenslange Freiheitsstrafe.

(NGZ)
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