Dormagen Mathe-Koryphäe mit Klasse

Dormagen · Zahlen und Formeln prägen sein Leben: Tassilo Küpper, Mathematik-Professor und ehemals Rektor der Universität Köln, hat mit 63 Jahren die Begeisterung für seinen Beruf nicht verloren. Die Jugend verbrachte er in Hackenbroich.

 Tassilo Küpper ist eine Mathe-Koryphäe an der Universität Köln. Aufgewachsen ist der Professor im Forsthaus Hackenbroich.

Tassilo Küpper ist eine Mathe-Koryphäe an der Universität Köln. Aufgewachsen ist der Professor im Forsthaus Hackenbroich.

Foto: h. jazyk

Die ehemalige Kaiserglocke des Kölner Doms, gegossen aus dem Stahl und Zinn erbeuteter französischer Geschütze, steckt voller Mathematik. Als Deutzer Kürassiere das 27 Tonnen schwere Prunkstück am 20. August 1878 erstmals läuten wollten, blieb sie stumm. "Das liegt an der Synchronisation der Oszillatoren: Glocke und Pendel", sagt Tassilo Küpper, schreibt eine Formel an die Tafel und malt eine Skizze dazu.

Tassilo Küpper (63) ist Professor für Angewandte Mathematik an der Universität in Köln. Er ist nicht der Typ entrückter Wissenschaftler, der morgens zwei verschiedene Socken anziehen würde. Seine Erscheinung ist eher die eines britischen Lords: bescheiden und zurückhaltend, aber mit Klasse.

Beeindruckender Lebenslauf

Das Beispiel der Kölner Glocke, das Küpper mit Studenten des dritten und vierten Semesters mathematisch seziert, ist keine bloße Zahlenspielerei. Ein ähnliches Prinzip wird in der Hirnforschung angewandt. "Bei Parkinson führt unter anderem Dopamin-Mangel dazu, dass die Synchronisation der Zellmechanismen alles blockiert", sagt Tassilo Küpper. Ein Hirnschrittmacher kann für Entlastung sorgen.

Die Vita des Professors ist beeindruckend: Studium der Mathematik und Physik an der Uni Köln. Als Heisenberg-Stipendiat verschlug es ihn in die USA: Stanford, California Institute of Technology, University of Arizona, University of Wisconsin – über die Stationen Dortmund und Hannover ist er schließlich wieder in Köln gelandet.

Seine ersten Schritte hat Tassilo Küpper aber im Forsthaus von Hackenbroich gemacht. "Mein Vater war der Förster", sagt der 63-Jährige. Bis 1977 hat er im Ort gewohnt, heute kommt Küpper noch in den südlichen Stadtteil Dormagens, um das Grab seiner Eltern zu pflegen. Die ersten Formeln hat Küpper an der Volksschule in Hackenbroich gelernt; später besuchte er das damalige Heilig-Geist-Gymnasium (heute: Norbert-Gymnasium), das Abitur legte er 1966 am Quirinus-Gymnasium in Neuss ab. "In Mathe war ich immer ganz gut", sagt er bescheiden – wie das Institut, an dem er arbeitet: Küppers Büro ist nicht mehr als eine Kammer, das Gebäude am Weyertal ist verschlissen. Es erinnert an eine Zeit, als noch mit Tischrechenmaschinen gearbeitet wurde. "Die waren weniger leistungsfähig als ein Taschenrechner", sagt der Professor. Der erste elektronische Rechner, ein IBM 360, füllte den ganzen Keller des Instituts.

Zwei Jahre wird Tassilo Küpper noch an der Universität arbeiten, an der er Student war, Doktorand, in der Zeit zwischen 2001 und 2005 Rektor. Er ist Ehrendoktor in Wolgograd, Moskau, Peking und Eskisehir. Heute lebt Küpper in Köln. Er hat zwei Söhne und eine Tochter. Im Internet gibt es bei Wikipedia einen Eintrag über ihn. Küpper vermutet, dass eine Freundin seiner Tochter den Text geschrieben hat. Küpper? Als sich die beiden Mädchen kennenlernten, habe die Freundin gesagt, dass sie nur einen Küpper kennen würde, der sei Mathematiker. "Das", antwortete meine Tochter, "ist mein Vater."

(NGZ)
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