Dormagen Lehrermangel: Unterricht an Förderschule fällt aus

Dormagen · Schon am ersten Schultag erhielten die Eltern die Nachricht, dass an drei von vier Tagen der Nachmittagsunterricht gestrichen wird. Dadurch gibt es ein großes Betreuungsproblem. Die Bezirksregierung spielt offenbar auf Zeit.

 Ein gutes Team: Annemarie André und ihre Tochter Fiona. Nach der Schule ging es gestern direkt auf die Terrasse, wo die 14-Jährige ihre Mutter zum Kniffeln aufforderte.

Ein gutes Team: Annemarie André und ihre Tochter Fiona. Nach der Schule ging es gestern direkt auf die Terrasse, wo die 14-Jährige ihre Mutter zum Kniffeln aufforderte.

Foto: Linda Hammer

Fiona will spielen. Die 14-Jährige hat den Würfelbecher schon in der Hand und wartet ungeduldig darauf, auf die Jagd nach kleiner und großer Straße, Sechser-Pasch oder Kniffel zu gehen. Ihre Mutter Annemarie André geht gleich darauf ein: "Fiona ist es gewohnt, nachmittags zu spielen oder irgendeiner schönen Aktivität nachzugehen." Das macht das junge Mädchen mit Down-Sydrom normalerweise in der Schule am Nordpark, einer Förderschule im Neusser Norden. Doch weil es dort zurzeit zu wenig Lehrer gibt, ist an drei Tagen der Nachmittagsunterricht gestrichen worden. Kein Computerkurs, kein Sport, keine Musik.

Am Abend des ersten Schultags erhielt Annemarie André den Anruf der Klassenlehrerin, die ihr mitteilte, dass dieser Unterricht aufgrund der "dramatischen Personallage", so erinnert sich die Mutter von drei Töchtern noch, bis auf Weiteres ausfällt. Womit sofort für sie und andere Eltern ein Betreuungsproblem entstand. "Kindern wie Fiona kann man nicht einfach einen Schlüssel in die Hand drücken und sie alleine zu Hause lassen", sagt André, die Lehrerin am Berufsbildungszentrum Dormagen ist. "Man braucht eine qualifizierte Betreuung und die gibt es nicht sofort."

Durch den Unterrichtsausfall an der Schule kommen die Kinder rund zwei Stunden früher als gewohnt nach Hause. "Viele Eltern mussten mit ihren Arbeitgebern sprechen und kürzere Arbeitszeiten vereinbaren", sagt Isabell Behnert, Schulpflegschaftsvorsitzende der Schule am Nordpark mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung. Auch ihr Kind ist vom Unterrichtsausfall betroffen. Zwar traf die Köchin auf Verständnis ihres Arbeitgebers, musste jedoch eine Gehaltskürzung hinnehmen. "Es bleibt uns Eltern ja nichts anderes übrig als uns mit der Situation zu arrangieren", macht sie deutlich. Viele Eltern seien verärgert, hätten jedoch Verständnis für die Entscheidung der Schule. Schulleiter Siegfried Knaul ist den Eltern dankbar. "Die aktuelle Situation ist die Folge einer Verkettung unglücklicher Umstände", sagt er. Vier Lehrerinnen seien schwanger, zwei Lehrkräfte längere Zeit erkrankt und ein Kollege gestorben. "Zwar haben wir Vertretungskräfte beantragt und auch die Gelder dafür freigegeben bekommen, doch sind derzeit keine geeigneten Bewerber auf dem Markt", erläutert Knaul. Allein für eine kleine Gruppe besonders betreuungsbedürftiger Schüler könne er die Nachmittagsbetreuung aktuell aufrecht erhalten. Die stellvertretende Schulpflegschaftsvorsitzende Doris Rexin-Gerlach sieht das anders: "Es geht nicht um Vertretungskräfte. An der Schule fehlen sieben feste Planstellen." Einen Zusammenhang mit der Einführung des inklusiven Unterrichts an den Regelschulen sieht Knaul nicht direkt. "Natürlich werden nun besonders viele Sonderpädagogen gesucht. Es gab jedoch keine Abordnungen von Lehrkräften von unserer Schule an Regelschulen", sagt Knaul. Die Bezirksregierung teilte gestern auf Anfrage mit, dass bislang keine Abordnung von Lehrkräften an die Schule am Nordpark geplant sei. "Dies wäre eine denkbare Lösung, die aber bisher nicht konkreter diskutiert worden ist", sagte Sprecherin Jessica Eisenmann. Annemarie André ist sauer: "Das ist eine Ganztagsschule - so etwas darf nicht passieren. Die Eltern erwarten eine rasche Lösung durch die Schaulaufsicht."

(NGZ)
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