Analyse Krankenhäuser hinken hinterher

Grevenbroich · Die Kreiskrankenhäuser in Grevenbroich und Dormagen kämpfen um ihre Existenz. Sie benötigen jetzt nicht neue Manager, sondern neue Strukturen.

Rund 400 sogenannte Akut-Krankenhäuser gibt es in NRW. Zwei von ihnen stehen in der Trägerschaft des Rhein-Kreises, der in diesem Fall für einen zweifelhaften Superlativ sorgt: Seine Häuser in Grevenbroich und Dormagen sind die letzten an Rhein, Ruhr und Lippe, die noch als kommunaler Eigenbetrieb geführt werden. Zwar bleibt die theoretische Möglichkeit, dass sich alle Träger - nur nicht der Rhein-Kreis - bei ihrer Wahl der Rechtsform geirrt haben, doch im Grunde ist jedem, der die Strukturen analysiert, klar, dass wir es hierzulande mit einem betriebswirtschaftlichen Anachronismus zu tun haben, zumal beide Kreis-Krankenhäuser immer noch nicht verzahnt sind. Das versteht nur der, der will!

Diese Strukturen stammen aus einer Zeit, da die Kosten zum Unterhalt eines Krankenhauses noch auf die Übernachtungen umgelegt wurden. Das war bequem, aber auf Dauer nicht bezahlbar. Darum sorgte der Gesetzgeber für Veränderung: mehr Wettbewerb, mehr Wirtschaftlichkeit, mehr Leistung. Nach der Jahrtausendwende führte er nach australischem Vorbild die so genannten DRG's (Diagnosis Related Groups) ein. Abgerechnet werden jetzt nicht mehr Krankenhaus-Nächte bzw. Tage, sondern konkrete Leistungen. In dieser Situation - alte Strukturen, neue wirtschaftliches (Leistungs-)Denken - muss Ralf Nennhaus als kaufmännischer Direktor der Kreis-Krankenhäuser Kernerarbeit leisten - und das macht er gut. Es ist richtig, dass er die Krankenhäuser an den Standorten Dormagen und Grevenbroich enger verzahnt, um sie finanziell so stark zu machen, dass sie als ortsnahe, leistungsstarke Anbieter medizinischer Versorgung für die Menschen erhalten bleiben. Vor allem das Dormagener Haus steht unter Druck der Kölner Konkurrenz.

Beispiel Frauenklinik inklusive Geburtshilfe. In beiden Kreishäusern kommen jährlich 600 Kinder zur Welt. 800 wären aber erforderlich, um eine eigene Hebammen-Stelle wirtschaftlich zu unterfüttern. Allein dieses Detail zeigt, dass Nennhaus genau das richtige tut, wenn er für beide Krankenhäuser eine Frauenklinik an zwei Standorten unter der Leitung von Chefarzt Dr. Karl-Günter Noé bildet.

Nennhaus hat es nicht verdient, wenn jetzt die kraftvolle Stimme von Professor Hans Rainer Willmen (80) seine Absetzung fordert. Diese Forderung des einstigen ärztlichen Direktors des Grevenbroicher St. Elisabeth-Krankenhauses ist nicht nur überzogen, sie ist falsch. Zu Umlage-Zeiten konnten Ärzte umsetzen, was wünschenswert war. Heute müssen Ärzte und kaufmännische Direktoren ausbalancieren, was medizinisch notwendig und wirtschaftlich vertretbar ist. Darum: Kritik von einer honorigen Kapazität wie Professor Willmen ist willkommen, aber auch für sie gilt: Konflikte werden in der Sache ausgetragen und nicht personifiziert.

Aber Willmens Kritik hat auch etwas Gutes: Sie muss für den Kreistag Auslöser sein, endlich seine Hausaufgaben zu machen und den Kreis-Krankenhäuser die Rahmenbedingungen zu geben, die Nennhaus und Co. benötigen, um erfolgreich zu sein. Vielleicht hat die Hoffnung einen Namen: Mit dem Neusser Kreistagsabgeordneten J.-Andreas Werhahn (CDU), der in Ückerath wohnt, zieht eine unternehmerisch denkende Persönlichkeit in den Kreiskrankenhaus-Ausschuss ein.

(NGZ)
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