Dormagen Konflikte schlichten ohne Klage

Dormagen · Oft entzünden sich Konflikte an kleinen Missverständnissen oder Meinungsverschiedenheiten. Damit nicht jeder Streit vor Gericht landet, versuchen Dormagener Schiedsmänner vorher einzugreifen und Frieden herzustellen.

 Gerade im Sommer streiten sich Nachbarn um Hecken, Bäume und andere Gartenangelegenheiten.

Gerade im Sommer streiten sich Nachbarn um Hecken, Bäume und andere Gartenangelegenheiten.

Foto: dpa

Oft ergibt ein Wort das andere. Damit Streitparteien nicht sofort vors Gericht ziehen, gibt es Menschen wie Wolfgang Horst. Seit 1983 ist der 66-jährige Schiedsmann in Dormagen. Bis zu seiner Pensionierung hat er als Sachverständiger bei der Bayer AG gearbeitet. Schon währenddessen engagierte er sich als ehrenamtlicher Richter und Schöffe. Später kam die Aufgabe als Schiedsmann dazu.

Eine Schlichtung durch einen Schiedsmann ist rechtlich bindend und der erste Schritt noch vor einer Klage vor Gericht. In einer Schlichtung treffen sich beide Parteien, um gemeinsam den Sachverhalt zu klären und einen außergerichtlichen Kompromiss zu finden. "So eine Schlichtung kann dann schon mal drei Stunden dauern", sagt Schiedsmann Horst. "Oft ist es schwierig, einen Kompromiss zu finden, bei dem sich keiner ungerecht behandelt fühlt." Denn der Schiedsmann urteilt nicht, sondern soll schlichten. Es werden weder Zeugen geladen, noch wird ein Urteil gesprochen.

Im Frühling 2013 werden wieder neue Schiedsleute für Dormagen gesucht, das in vier Bezirke aufgeteilt ist: Dormagen, Rheinfeld und Horrem; Hackenbroich, Delhoven und Hackhausen; Zons und Stürzelberg sowie Nievenheim, Delrath, Straberg und Gohr. "Es gibt verschiedene Voraussetzungen, um sich um dieses Amt zu bewerben", erklärt Bettina Giedinghagen, Leiterin des Rechtsamtes der Stadt Dormagen. "Am wichtigsten ist, dass die Schiedsmänner Fingerspitzengefühl und Kenntnisse der Mediation haben." Für fünf Jahre werden die Schiedsleute vom Dormagener Stadtrat dann gewählt.

Ungefähr zehn Fälle hat Wolfgang Horst im Jahr. Das kostet viel Zeit. Die meisten drehen sich um zu breite Hecken, zu hohe Bäume oder zu lange Wurzeln. "Früher habe ich öfters Beleidigungen oder leichte Körperverletzungen verhandelt", erklärt Horst. Heute seien es meist Streitigkeiten zwischen Nachbarn. "Die Leute pochen immer häufiger auf ihr Recht und wollen schnell klagen", sagt der Schiedsmann.

Damit es aber gar nicht erst zu einer Gerichtsverhandlung kommt, gibt es die Schiedsleute. Denn Verhandlungen sind häufig nicht nur zeit-, sondern auch kostenintensiv. Ein Schiedsverfahren ist deutlich preiswerter. So fallen Kosten für eine Schlichtung bei einem Schiedsmann von 40 bis 50 Euro an. Bei einer Verhandlung vor Gericht sind nicht nur die Verhandlungs-, sondern auch Anwalts- und Gutachterkosten sehr hoch. Dann kann so eine Verhandlung schnell mehrere tausend Euro teuer werden.

"Bei einem Fall in Zons ging es beispielsweise bei einem Nachbarschaftsstreit um eine Hecke, und ob diese durch eine Beschneidung geschädigt worden sei oder nicht", berichtet Horst. "Der Fall ließ sich nicht schlichten. Vorm Landgericht wurde die Klage dann abgewiesen. Insgesamt kostete das den Kläger 10 000 Euro."

(NGZ)
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