Dormagen Integration am Gartenzaun

Dormagen · Der Kleingartenverein Bayer Dormagen hat 196 Mitglieder. Darunter sind viele Deutsche, aber auch Polen, Russen, Rumänen und Türken. Die Familien Jelinski und Kirk sind direkte Nachbarn und verstehen sich prächtig. Der Verein legt großen Wert auf gegenseitige Toleranz.

 Völkerverständigung: Öznur Kirk und ihr Sohn Kerem (l.) haben ein ausgezeichnetes Verhältnis zu ihren Gartennachbarn Marita und Herbert Jelinski.

Völkerverständigung: Öznur Kirk und ihr Sohn Kerem (l.) haben ein ausgezeichnetes Verhältnis zu ihren Gartennachbarn Marita und Herbert Jelinski.

Foto: Hans jazyk

Blühende Beete, akkurat gestutzter Rasen, Goldfischteich: Der Kleingarten der Familie Jelinski sieht aus wie im Bilderbuch. Die Parzelle nebenan hat die Familie Kirk gepachtet. Sofort fällt auf: weniger Blumen, weniger bunt, weniger Schnickschnack. Nicht weniger gepflegt! Öznur Kirk (38) lacht: "Wir müssen noch viel lernen..." Seit mehr als drei Jahren leben die deutsche und die türkische Familie in der Kleingartenanlage Bayer Dormagen Pforte an Pforte. "Das ist ganz normale Nachbarschaft", sagt Herbert Jelinski (60).

"Jeder soll so bleiben, wie er ist"

Vereinschef Manfred Broch legt großen Wert auf das Miteinander. "Jeder soll so sein, wie er ist. Und jeder soll so bleiben, wie er ist. Wichtig ist, dass wir uns gegenseitig respektieren", sagt er. Broch hat die Erfahrung gemacht, dass nicht alle ausländischen Familien so offen sind wie die Kirks. Er bedauert, dass viele sich zurückziehen, wenig am Vereinsleben teilhaben.

Öznur Kirk hat damit überhaupt keine Probleme. Die 38-Jährige ist in Deutschland geboren, ihr Mann Mustafa (44) kommt aus der Türkei. Er wuchs auf dem Land auf, wollte deshalb gern einen Kleingarten. Bedenken schief angeguckt oder ausgegrenzt zu werden, sind Öznur Kirk völlig fremd. "Ich habe keinen grünen Daumen", sagt sie schmunzelnd, "das ist mein einziges Bedenken." Als der Verein vor kurzem das 60-jährige Bestehen feierte, mischte die Deutsch-Türkin kräftig mit. Bereitete Speisen zu, stand am Grill — obwohl sie aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch isst.

Selbstverständlich reicht sie auch ab und zu Gebäck und Speisen über den Zaun. "Türkisch lecker", meint Herbert Jelinski. Der passionierte Angler revanchiert sich mit geräuchertem Fisch oder packt selbstverständlich mit an, wenn die Nachbarn Hilfe brauchen. Mustafa würde es jederzeit genauso machen. "Der Tratsch am Maschendrahtzaun gehört dazu", meint der 60-Jährige. Abends sitzt man bei einem Getränk zusammen. Marita Jelinski (55) berät ihre türkischstämmigen Nachbarn bei der Gartenpflege. Ein bisschen bunter soll es vielleicht noch werden, meint Öznur Kirk: "Ich hätte auch keine Probleme damit, mir einen Gartenzwerg hinzustellen."

"Anfeindungen toleriere ich nicht"

Vereinschef Manfred Broch freut sich über das gute Verhältnis der beiden Familien. Er ist ständig auf der Anlage unterwegs, um nach seinen Mitgliedern zu sehen. Hin und wieder gebe es Ärger zwischen Deutschen und Ausländern. "Aber den gibt es zwischen Deutschen auch", betont Broch. Er stellt klar: "Anfeindungen toleriere ich nicht. Dann schreite ich sofort ein."

(NGZ)
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