Dormagen Heimatschutz am Rhein-Deich

Dormagen · Männer in grün-braunen Tarndruck-Uniformen schleppen große Aluminiumbleche auf den Deich, der die kleine Ortschaft Stürzelberg vor Rheinhochwasser schützen soll. Der Auftrag der Soldaten: Drei mobile Deichtore müssen aufgebaut werden, um ihre Funktionsfähigkeit im Erstfall zu testen.

Die 22 Angehörigen der Kreisgruppe Niederrhein des Reservistenverbandes haben sich freiwillig für diese Aufgabe gemeldet — ganz im Sinne von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Denn er will nach der Abschaffung der Wehrpflicht die Lücken in der Heimat verstärkt mit Reservisten schließen.

Tag 1 der neuen Bundeswehr — die Wehrpflicht ist seit acht Stunden Geschichte. "Tu was für dein Land" ist aber weiterhin das Motto von Erik Heinen (48), der die Soldaten bei der Deichschutz-Aktion im Rheinkreis Neuss führt. Heinen, zivilberuflich beim Werkschutz von Currenta in Dormagen (früher Bayer) tätig, lebt den Staatsbürger in Uniform vor: Ehrenamtlich arbeitet er seit 34 Jahren bei der Feuerwehr Dormagen mit, in der Reservistenverbands-Kreisgruppe Niederrhein ist er der Beauftragte für den Katastrophenschutz. Ab sofort unterliegt der Hauptfeldwebel der Reserve zwar nicht mehr der allgemeinen Wehrpflicht, will sich aber ohne Aussicht auf persönliche Vorteile weiter für die Bundeswehr engagieren: "Man tut was für andere und trägt so zum Schutz der Bevölkerung bei."

"Vier Minuten haben wir für den Aufbau der ersten Schutzwand gebraucht", stellt Oberstleutnant d.R. Markus Guhl zufrieden fest, der das Kommando über eine der Gruppen übernommen hat. Dienstgrade spielen im Reservistenverband eine Nebenrolle. Jeder packt da an, wo er gebraucht wird. "Das klappt prima", kommentiert Deichgraf Eduard Breimann den Einsatz der Reservisten, deren Kern aus der örtlichen Reservistenkameradschaft Dormagen gebildet wird. Die Kreisgruppe Niederrhein (Mönchengladbach, Krefeld, Neuss und Viersen), zu der die RK Dormagen gehört, umfasst knapp 800 Mitglieder. Sie treffen sich regelmäßig zur militärischen Aus- und Weiterbildung. Die Organisation arbeitet auf Bundesebene zurzeit am Aufbau sogenannter "Regionaler Initiativen", die statt aktiver Soldaten konkret im Kampf gegen Hochwasser, Waldbrände, Sturmschäden und andere Katastrophen unterstützen sollen — Erik Heinens kleine Truppe ist da Vorreiter.

Denn die Abschaffung der Wehrpflicht wird — langsam und schleichend — im Katastrophenschutz in den kommenden Jahren voraussichtlich größere Probleme verursachen: Feuerwehren und Hilfsdienste rekrutierten sich häufig aus Kriegsdienstverweigerern. Das Technische Hilfswerk (THW) besteht zum Beispiel fast ausschließlich aus Ehrenamtlern, die häufig gerade aus dieser Gruppe stammen. Freiwillige Feuerwehren und THW-Ortsverbände versuchen nun, über eigene Jugendgruppen Nachwuchs zu gewinnen, werden aber bei Großkatastrophen personell immer weniger durchhaltefähig sein.

Daraus ergibt sich ein neues wichtiges Aufgabenfeld für die Reserve: die zivil-militärische Zusammenarbeit. Unauffällig wollen die Reservisten der Region im Hintergrund bereitstehen, wenn Feuerwehren und Hilfs- und Rettungsdienste bei einer großen Katastrophe selbst Unterstützung brauchen.

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