Dormagen Großrazzia im Galerie-Eiscafé

Dormagen · Dormagen Rund 40 Beamte der Polizei und des Zolls haben am Sonntag bis in den Abend Mitarbeiter der Eisdiele in der Dormagener Rathausgalerie vernommen. Sie vermuten, dass das Eiscafé in eine große Schwarzarbeiter-Affäre verwickelt ist, an der bundesweit mehr als 100 Eisdielen in 55 Städten und sechs Bundesländern beteiligt sein sollen.

 Großrazzia im Eiscafé

Großrazzia im Eiscafé

Foto: NGZ

Dormagen Rund 40 Beamte der Polizei und des Zolls haben am Sonntag bis in den Abend Mitarbeiter der Eisdiele in der Dormagener Rathausgalerie vernommen. Sie vermuten, dass das Eiscafé in eine große Schwarzarbeiter-Affäre verwickelt ist, an der bundesweit mehr als 100 Eisdielen in 55 Städten und sechs Bundesländern beteiligt sein sollen.

"Das war eine generalstabsmäßig vorbereitete Aktion, die unter höchste Geheimhaltung lief", erklärte am Sonntag Dr. Heinz Michael Horst, Sprecher der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls in Bielefeld, gegenüber der NGZ. Bundesweit seien mehr als 1800 Beamte im Einsatz gewesen, darunter auch Mitglieder des Sondereinsatzkommandos.

Die Polizei nahm in Essen, Borken und Bad Eibling zwei 46 Jahre alte Italiener, eine 27 Jahre alte Rumänin und einen 41 Jahre alten Rumänen fest. Sie geht davon aus, dass die Anzahl der Beschuldigten insgesamt jedoch "im hohen zweistelligen Bereich" liegt. "In Dormagen wurde niemand verhaftet, aber die Eisdiele dort hat in dem Gesamtgeflecht eine Rolle gespielt", so Horst.

Die Staatsanwaltschaft vermute, dass auch dort illegal nach Deutschland eingeschleuste Menschen zu minimalen Stundenlöhnen arbeiten mussten. "Diese Menschen sind sehr ausgenutzt worden, und unsere Ermittlungen richten sich nicht gegen sie, sondern gegen die Drahtzieher dieses Geschäfts", betonte Horst.

Die Beschuldigten sollen - organisiert und gesteuert durch einen Haupttäter - mehrere tausend Arbeitskräfte im Ausland angeworben und mit Autos nach Deutschland zu den jeweiligen Arbeitsstätten gebracht haben. Für diese "Dienstleistung" sollen Transport- und Vermittlungsprovisionen gezahlt worden sein. Die Ermittler vermuten, dass durch den Einsatz der extrem unterbezahlten illegalen Arbeitnehmer in den Eiscafés sehr viel Geld verdient worden ist. Die Opfer sollen in der Regel sechs bis sieben Tage in der Woche jeweils zehn bis 14 Stunden zu minimalen Stundenlöhnen von 1,50 bis zwei Euro gearbeitet haben. Das entspricht Monatslöhnen zwischen 360 und 790 Euro.

Auf das mögliche Schwarzarbeiter-Syndikat waren die Mitarbeiter der Finanzkontrolle durch Zufall gestoßen. Sie hatten routinemäßig mehrere Eisdielen in Nordrhein-Westfalen überprüft - und waren stutzig geworden, als sie auffällige Verbindungen zwischen den Cafés entdeckten. Im Laufe der Ermittlungen stießen sie dann auf das bundesweite Netzwerk an Eisdielen, aber auch Wohnunterkünften und Büros.

Denn je nach Arbeitsanfall wurden die eingeschleusten Mitarbeiter nicht nur eingesetzt, um an der Theke Eiskugeln in Waffeln zu legen, Espresso zu brühen und zu bedienen. Bei Bedarf mussten sie auch Reinigungsarbeiten übernehmen oder wurden als Haushaltshilfen eingesetzt. Dabei beschränkten sich die Beschuldigten nach den Vermutungen von Finanzkontrolle und Staatsanwaltschaft nicht nur auf das osteuropäische Ausland, vor allem Rumänien. Auch Menschen aus Südamerika und anderen Nicht-EU-Staaten wurden nach Deutschland gebracht, um für Dumping-Löhne zu arbeiten.

Die Polizei geht davon aus, am Sonntag die Haupttäter verhaftet zu haben. "Das war eine Punktlandung", sagt Horst. Ziel des Großrazzia sei gewesen, die Struktur des mutmaßlichen Netzwerks aufzudecken und an die Hintermänner zu kommen. In den durchsuchten Eiscafés, Wohnungen und Büros sei umfangreiches Beweismaterial sichergestellt worden, so Horst.

(NGZ)
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