Interview Lars Friedrich, Chempark-Leiter Großes Interesse an schneller Rheinvertiefung

Dormagen · Viele Unternehmen am Standort Dormagen haben Ausbaupläne. Doch die Verkehrs-Infrastruktur ist verbesserungswürdig.

 "Bei den Genehmigungsverfahren gibt es Fortschritte, die Landesregierung setzt positive Signale."

"Bei den Genehmigungsverfahren gibt es Fortschritte, die Landesregierung setzt positive Signale."

Foto: Schwalenberg

Herr Friedrich, Sie sind jetzt seit fast einem Jahr Chempark-Leiter. Bekommt Ihre Familie Sie noch zu Gesicht?

Lars Friedrich Die Situation hat sich schon ein bisschen verändert, die Inanspruchnahme über die drei Standorte Dormagen, Leverkusen, Krefeld-Uerdingen ist da. Ich versuche deshalb, meine freie Zeit besser zu nutzen. Mein Fernsehkonsum etwa ist im zurückliegenden Jahr etwa auf null zurückgegangen.

Und was ist mit längeren Auszeiten?

Friedrich Auszeiten sind nötig, sonst brennt man aus. In Kürze geht es mit meiner Familie und Freunden für eine Urlaubswoche ins Zillertal. Grundsätzlich spielt aber auch die Einstellung zum Beruf eine Rolle. Wenn Sie jeden Abendtermin und jedes Thema nur als Arbeitszeit bewerten, können Sie die Aufgaben als Chempark-Leiter nicht wahrnehmen. Mir macht meine Aufgabe Spaß.

Wie würden Sie im Rückblick Ihr erstes Jahr in der neuen Position beurteilen?

Friedrich Der 100. Geburtstag des Dormagener Werks im vergangenen Jahr hat mir den Einstieg erleichtert. Das war ein guter Landepunkt, es gab reichlich Anlässe, schnell anzukommen. Das hat aus meiner Sicht gut geklappt, ich fühle mich in den Einzelkontakten sehr wohl. Wichtig ist mir, meine Authentizität zu bewahren. Solange man Lockerheit mit Ernsthaftigkeit kombiniert, kann man sich mit jedem gut unterhalten.

Dormagens Bürgermeister Erik Lierenfeld tickt da offensichtlich ähnlich...

Friedrich Der gemeinsame Austausch ist gut, er hat eine empathische Art. Wir reden mit offenem Visier, das ist beidseitig. Ich habe den Eindruck, dass der Chempark in Dormagen hoch akzeptiert ist.

Dann können Sie sich ja den Dialog mit den Nachbarn und die Fortschreibung des Akzeptanzberichtes, in dem Sie die Bürger zu deren Wünschen und Sorgen im Zusammenhang mit der chemischen Industrie befragen, eigentlich sparen...

Friedrich Das wäre allenfalls eine kurzfristige finanzielle Entlastung. Nein, wir brauchen im Austausch mit den Nachbarn und den Multiplikatoren Kontinuität. Wenn man nicht mehr genau hinschaut, entwickeln sich blinde Flecken. Unsere Anstrengungen, besser zu werden, müssen ernsthaft sein, sonst nehmen uns die Menschen das nicht ab.

Der zweite Akzeptanzbericht ist für Herbst angekündigt. Inwiefern unterscheidet er sich vom ersten?

Friedrich Unsere Grundthemen Transparenz, Sicherheit Verantwortung für Umwelt und gute Nachbarschaft bleiben. Aber diesmal gehen wir tiefer in die Materie hinein, fragen die Leute, wo sie sich zum Beispiel konkret welche Maßnahmen wünschen. Um die Unabhängigkeit zu gewährleisten, haben wir ein neutrales Meinungsforschungsinstitut beauftragt.

Sie haben eben von "blinden Flecken" gesprochen. Die gibt es auch im Chempark - wenn man das Areal auf einem Luftbild betrachtet, sieht man noch freie Grundstücke.

Friedrich Ja, vor allem im Norden und im Nordosten. Diese Grundstücke gehören aber nicht dem Chempark-Betreiber Currenta, sondern vor allem Bayer, Covestro und Lanxess. Und alle haben Ausbaupläne, was uns natürlich sehr freut. Aber da ist es klar, dass die Chempark-Unternehmen auf Areale, die zu ihren Plänen passen, die Hand drauf halten, bis ein passender Partner gefunden ist oder ihre eigenen Investitionen und Erweiterungen greifen.

Wegen des Arbeitens im Verbund, ein Lieblingsthema Ihres Vorgängers Ernst Grigat...

Friedrich Genau. Es ist ein Riesen-Vorteil im Chempark Dormagen, dass wir hier die Strukturen dafür haben: eine breite Palette an Rohstoffen, eine gesicherte Energieversorgung, sichere Entsorgungsmöglichkeiten. Nehmen Sie die Chlorfabrik von Covestro, die vergangenes Jahr ihren 50. Geburtstag feierte. Chlor ist ein ganz wichtiger Grundstoff in der chemischen Industrie, auf den viele Unternehmen hier im Verbund des Standortes zugreifen. Denn ganz einfach gesagt: Ohne Chlor kein Kunststoff.

Im Chempark-Jahresgespräch haben Sie gerade die Forderung nach leistungsfähigen Verkehrswegen und nach beschleunigten Genehmigungsverfahren erneuert.

Friedrich Bei der Infrastruktur wie der Leverkusener Rheinbrücke und der A 40-Brücke bei Duisburg appellieren wir an die Verantwortlichen in der Politik: Bleibt bitte dran an diesen Themen, sonst hat NRW ein Problem. Bei den Genehmigungsverfahren gibt es Fortschritte. Dafür stehen etwa die sogenannten Entfesselungspakete: Regeln, die man früher noch auf die notwendigen obendrauf gesetzt hat, sind abgeschafft worden. Die Landesregierung setzt positive Signale. Im Gegenzug stellen sich die Chempark-Unternehmen allen Ansprüchen an eine frühere Öffentlichkeitsbeteiligung.

Stichwort Rheinvertiefung...

Friedrich Daran haben wir im Zusammenhang mit Transporten auf Binnenschiffen ein Logistikinteresse, das bis zu BASF in Ludwigshafen reicht. Je schneller die Vertiefung zur Sicherung dieser Verkehrswege kommt, desto besser. Aber uns ist bewusst, dass das kein Kurzzeitrennen ist.

Wie sehen Sie die nahe Zukunft für den hiesigen Standort, welche Herausforderungen gibt es?

Friedrich Alle unsere Kunden wachsen derzeit in ihren Geschäften, das freut uns. Daraus ergeben sich Herausforderungen in Form von Erweiterungsnotwendigkeiten - zum Beispiel bei Logistik und Entsorgung, die Currenta als Chempark-Betreiber managen muss. Wir müssen verlässlich mitwachsen. Spannend bleibt auch die Frage: Wie lange dauert das Wachstum? Das abzuschätzen, ist ein bisschen so wie der Blick in die berühmte Glaskugel.

STEFAN SCHNEIDER FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(NGZ)
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