Dormagen Gewalttäter rigoros kontrollieren

Dormagen · Immer wieder schlagen Jugendliche auf Passanten ein, so auch zwei junge Dormagener, die gestern zu Geldstrafen verurteilt wurden. Wie steigende Gewaltbereitschaft eingedämmt werden kann, diskutieren Dormagener Experten.

Fälle, in denen junge Männer scheinbar grundlos auf Passanten an U- und S-Bahn-Haltestellen einprügeln, erschüttern die Gesellschaft. Doch die Verrohrung ist "hausgemacht", wie Hans Scholten, Leiter des Jugendzentrums Raphaelshaus meint: "Die Behäbigkeit von Justiz und Gesellschaft, gleich bei beginnenden Straftätern rigoros durch vermehrte Kontrolle durchzugreifen, ist mit schuld an der steigenden Zahl der Schlägereien."

Der Pädagoge spricht sich für schärfere und frühere Aufsicht durch Polizei, Jugendamt und Sozialarbeiter aus: "Wer frühzeitig merkt, dass er mit Pöbeleien und Respektlosigkeit gegenüber anderen nicht weiterkommt, unterlässt die Angriffe", sagt Scholten, der mit dem Grenzen-Aufzeigen gute Erfahrungen gemacht hat: "U-Bahn-Schläger brauchen einen Schuss vor den Bug, da darf nicht zu lange gewartet werden."

Das "Niemandsland", in dem Jugendliche meinen, sich und die Toleranz der Gesellschaft austesten zu können, müsse besetzt werden. "Während die Jugendkriminalität insgesamt zurückgegangen ist, wächst die Bereitschaft zu Schlägereien an Haltestellen", so der Pädagoge.

"Im Vorfeld versagt"

Vom "Warnschuss-Arrest" für jugendliche Intensivtäter zur Abschreckung, wie ihn die Bundesregierung befürwirtet, hält Hans Scholten allerdings nicht viel: "Dieser politische Hilferuf ist ein Eingeständnis, im Vorfeld versagt zu haben." Ohne pädagogische Maßnahmen und Reflexion könnten sich Straftäter nach dem Kurz-Arrest sogar noch damit brüsten. Dabei gebe es genügend Möglichkeiten, jugendliche Gewalttäter rechtzeitig zu stoppen: "Dazu müssten sich Polizei, Richter, Sozialarbeiter und Jugendämter noch besser vernetzen."

Der Dormagener Strafverteidiger Wiljo Wimmer kennt sich aus in dem Metier. Er hat in den 90er Jahren das berüchtigte "Crash-Kid Andi" vertreten, der als 14-Jähriger mit einem Lkw einen niederländischen Polizisten überfahren hat. Eine Zunahme der Gewalt unter Jugendlichen in Dormagen beobachtet er indes nicht — im Gegenteil: "Ich habe das Gefühl, dass es ruhiger geworden ist als in der Vergangenheit." Allerdings glaubt Wimmer, dass die Täter heutzutage oftmals weiter gehen. "Da wird dann noch drauf getreten, wenn das Opfer schon am Boden liegt", so Wimmer. Warum die Hemmschwelle bei Jugendlichen gesunken sei, könne er aber nicht sagen.

Klaus Güdelhöfer vom Jugendbüro der Stadt sieht keine Zunahme der Gewalt. Er spricht von "Einzeltätern". In den Jugendzentren von Dormagen sei zudem "schon ewig nichts mehr passiert".

(NGZ/rl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort