Gedenkfeier in Dormagen Ein Zeichen gegen Hass und Gewalt

Dormagen · Amerikanische Soldaten nahmen an der Gedenkfeier „75 Jahre Kriegsende in Dormagen“ teil.

 Gedenkfeier vor dem Historischen Rathaus mit den Vize-Bürgermeistern, Vertretern der Reservistenkameradschaft Dormagen und der US-Armee.

Gedenkfeier vor dem Historischen Rathaus mit den Vize-Bürgermeistern, Vertretern der Reservistenkameradschaft Dormagen und der US-Armee.

Foto: Carina Wernig

In ihrer Bewertung waren sich die Redner bei der zweigeteilten Gedenkfeier zu „75 Jahre Kriegsende in Dormagen“ am Donnerstag einig: „Es kann keinen Schlussstrich geben, kein Ende der Debatte, wie von einigen gefordert“, erklärte Stephen Schröder, Leiter des Archivs im Rhein-Kreis Neuss. Der Zweite Weltkrieg, seine Hintergründe und Folgen, müssten als Mahnung weitergegeben werden, um aus der Geschichte zu lernen.

Rund 200 Dormagener gedachten am Donnerstag in der Stadtbibliothek und anschließend auf dem Rathausplatz der Befreiung Dormagens durch amerikanische Soldaten vor 75 Jahren, am 5. März 1945. „Nach fast zwölf Jahren Nazi-Herrschaft und einem fünfeinhalbjährigen mörderischen Krieg, der alle zuvor erlebten Dimensionen sprengte, wurde mit dem Eintreffen amerikanischer Truppen der Grundstein für die Entwicklung zu einem demokratischen und sozialen Rechtsstaat auch in Dormagen gelegt“, sagte Robert Krumbein, Erster Beigeordneter. Aus Kriegsgegnern seien Verbündete und Freunde geworden. Krumbein bedankte sich bei allen Vorbereitern wie dem Kameramann und Hobby-Historiker Egmont Worms für die Unterstützung. Beide stellvertretenden Bürgermeister, Hans Sturm und Michael Dries, Schützen und viele andere Bürger nahmen an den Feiern teil.

„Dauerhafter Frieden, wie wir ihn seither kennen, ist keine Selbstverständlichkeit“, so Krumbein: „Was wir nach 1945 gelernt haben ist, dass Krieg und Gewalt nie mehr Mittel zur Lösung von Konflikten sein dürfen.“ Die Gedenkfeier in Dormagen sei ein deutliches Zeichen, dass alle gemeinsam ohne Gewalt und Hass ihr Leben gestalten wollten: „Die Würde eines jeden Menschen zu achten, ist der Auftrag unseres Grundgesetzes“, forderte der Erste Beigeordnete.

 Schülerinnen der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule führen in der Stadtbibliothek ein eindrucksvolles Stück gegen Rassismus auf.

Schülerinnen der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule führen in der Stadtbibliothek ein eindrucksvolles Stück gegen Rassismus auf.

Foto: Carina Wernig

Bei der öffentlichen Gedenkfeier auf dem Rathausplatz legten Soldaten der US-Heeresgarnison Wiesbaden um die Sergeantin Franzet Hernandez gemeinsam mit Angehörigen der Reservistenkameradschaft Dormagen um den Vorsitzenden Erik Heinen einen Kranz an der Mahnstätte für die Opfer von Krieg und Naziterror vor dem Eingang des Historischen Rathauses nieder.

Bei der Gedenkfeier spielte Musikschullehrer Emanuel Dähn auf der Trompete die amerikanische und die deutsche Nationalhymne sowie das Lied vom guten Kameraden. Zudem gab es einen Beitrag einer Schülerin und eines Schülers des Bettina-von-Arnim-Gymnasiums, die auf die Parallelen des nationalsozialistischen Gedankenguts und heutiger rechtsradikaler Einstellungen hinwiesen: „Umso wichtiger, dass dieser Teil unserer Geschichte nicht in Vergessenheit gerät“, forderten die BvA-Schüler: „Nur wenn wir verstehen, was damals passiert ist, können wir eine Wiederholung verhindern.“ Sehr eindrucksvoll hatten Schülerinnen der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule in der Stadtbibliothek szenisch die Folgen von Rassismus vor Augen geführt: Rassismus ist ein Gift – unter Ausgrenzung und Vorurteilen leiden viele Schüler.

In der Stadtbibliothek hatte Kreisarchivar Schröder mit Zitaten aus der Delrather Dorfchronik an die Lage vor 75 Jahren in Dormagen erinnert, auf Zerstörungen im Dorf, Angst und Unsicherheit der Bevölkerung verwiesen. „Sichtbar wurde der Krieg in Dormagen auch durch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, durch Verwundete in den Lazaretten im Augustinushaus und Raphaelshaus“, erklärte Schröder. Nach dem Kriegsende vom 4. bis 6. März 1945 in Dormagen entwickelte sich, erst durch Amerikaner, dann Briten, ein demokratischer Neuanfang. „Nicht von allen Dormagenern wurde das Kriegsende zunächst als Befreiung wahrgenommen, sondern war Ausdruck ihrer Niederlage“, so Schröder: Der Irrweg des menschenverachtenden Systems der Naziherrschaft, der mit viel Leid, Tod, Vertreibung und Flucht verbunden gewesen sei, sei durch den Akt der Befreiung in eine bessere, demokratische Zukunft umgeleitet worden. Die Ausstellung „75 Jahre Kriegsende in Dormagen“ ist weiterhin in der Stadtbibliothek zu sehen.

Auch Marco Gillrath, Direktor des Raphaelshauses, der die Bunker-Erinnerungsstätte vorstellte, betonte die große Bedeutung des Gedenkens: „Unsere Aufgabe heute ist es zu verstehen, zu erinnern und dann richtig zu handeln“, sagte er. „Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, sondern müssen die politische Bildung intensivieren.“

Den Abschluss der Gedenkfeier bildete das gemeinsame ökumenische Gebet des evangelischen Pfarrers Frank Picht und des katholischen Gemeindereferenten Martin Brendler auf dem Rathausplatz – mit der Versöhnungslitanei aus Coventry, einer im Zweiten Weltkrieg schwer durch deutsche Bombenangriffe getroffenen englischen Stadt, sowie dem Friedensgebet nach Franz von Assisi.

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