Dormagen Gedenken an jüdische Opfer

Dormagen · Auf dem jüdischen Friedhof in der Zonser Heide, zu dem jetzt erstmals Informationen in gebündelter Form vorliegen, wurde gestern der Opfer der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 gedacht.

 Knapp 100 Menschen gedachten gestern auf dem jüdischen Friedhof in Zons der Opfer der Pogromnacht.

Knapp 100 Menschen gedachten gestern auf dem jüdischen Friedhof in Zons der Opfer der Pogromnacht.

Der Kontrast war groß. Am Sportzentrum nebenan erleuchtet das Flutlicht die Anlage taghell. Die erregten Rufe der trainierenden Sportler sind zu hören. Einige Meter weiter ist es still, sehr still. "Stätte der Ewigkeit" steht über dem Tor der Mauer, die nach mehrfachen Schändungen 1925 um das Areal des kleinen jüdischen Friedhofs in Zons errichtet wurde.

Gestern Abend war der Friedhof Ort des Erinnerns an ein Verbrechen für die Ewigkeit: Etwa 100 Interessierte gedachten der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, in der auch in Dormagen jüdische Mitbürger vom braunen Mob bedroht wurden, wie der stellvertretende Bürgermeister Hans Sturm in seiner Ansprache betonte. Auch in Dormagen zersplitterten die Fensterscheiben jüdischer Häuser und Geschäfte. Schon 1936 hatte die Beerdigung von Berta Franken in Zons Hetztiraden über das "Judenbegräbnis" im NS-Blatt "Der Stürmer" ausgelöst – an Berta Frankens Grab wurde gestern ein Kranz niedergelegt. "Dieser Friedhof ist ein denkwürdiger Ort", sagte Heinz Tenhafen, Ehrenvorsitzender des Partnerschaftsvereins Dormagen-Kiryat Ono. "Schon im 13. und 14. Jahrhundert lebten Juden in Zons – dieser Friedhof ist ein Zeugnis jüdischer Geschichte und Assimilation", betonte Tenhafen, der erfreut war über die vielen jungen Menschen, die dem Gedenken beiwohnten – und es mitgestalteten.

Habiba Bouyahi und Tobias Bauer, die Schulsprecher der Realschule am Sportpark, verteilten ein besonderes Dokument: Sie versorgten die Besucher mit einem neuen Flyer, der erstmals bündelt, was über die jüdische Geschichte von Zons und über den Friedhof bekannt ist, der erstmals 1666 erwähnt wird; der älteste erhaltene Grabstein stammt aus dem Jahr 1771. Vier Schüler der Klasse 7c der Realschule Hackenbroich unter Leitung von Lehrerin Julia Fahrenkrug trugen das Gedicht eines Mädchens vor, das 1942 in einem ukrainischen Arbeitslager starb. Uwe Koopmann, Lehrer der Gesamtschule in Nievenheim, erinnerte an die Zeitzeugin Celine van der Hoek de Vries aus Amsterdam, die kürzlich im Alter von 91 Jahren gestorben ist, und ließ ein Bild von ihr herumgehen.

Schüler der Gesamtschule haben sie besucht, sie selbst war in Dormagen und hat über ihr Leben auch im Konzentrationslager Auschwitz berichtet. Eindringlich klang der Appell: "Die Ermordung jüdischer Menschen darf sich nie wiederholen. Die jetzt lebenden Kinder, überall in der Welt, gleichgültig welcher Rasse, unabhängig von Glauben oder Politik dürfen niemals mehr Opfer werden. Das sind wir Celine und den Millionen Opfern des Nationalsozialismus schuldig."

(NGZ)
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