Dormagen Fünf Euro für vier Lieder

Dormagen · Wie viel Geld verdient man als Straßenmusiker? Für die NGZ hat der 16-jährige Musikschüler Aaron Goergens den Test gemacht. In der Fußgängerzone spielte er Gitarre. Nur drei Passanten warfen Münzen in seinen Koffer.

 Eine Frau wirft eine Münze in den Koffer von "Straßenmusiker" Aaron Goergens. Viele andere Passanten gingen achtlos an dem 16-Jährigen vorbei.

Eine Frau wirft eine Münze in den Koffer von "Straßenmusiker" Aaron Goergens. Viele andere Passanten gingen achtlos an dem 16-Jährigen vorbei.

Foto: Hans Jazyk

Lampenfieber kennt Aaron Goergens nicht. Er weiß, wie es sich anfühlt, auf der Bühne zu stehen. Mit der Band "Tac for Two" hat der 16-Jährige schon einige Auftritte vor größerem Publikum hinter sich gebracht. Doch diesmal ist alles etwas anders: Niemand ist gekommen, um ihn spielen zu sehen.

Seine Bühne ist die Kölner Straße, Passanten seine Zuschauer. Aaron sitzt auf einem Holzstuhl am Ausgang der Rathaus-Galerie. Er spielt Gitarre, singt dazu. Sein erster Auftritt als Straßenmusiker: "Ich weiß nicht, wie die Leute reagieren. Sie sind ja nicht darauf vorbereitet, etwas zu hören."

"Weil Du so mutig bist"

Tatsächlich nimmt kaum jemand Notiz von ihm. Jedenfalls scheint es so. Es regnet leicht. In Eile hetzen Menschen in die und aus der Passage, würdigen den Musiker keines Blickes. Wer hinschaut, schaut meistens zuerst in den Gitarrenkoffer. Noch liegt keine Münze drin. Ein kleiner Junge bleibt kurz stehen, dann zieht die Mutter ihn am Arm. Ein Mann, ihm gefällt offenbar, was er hört, geht vorbei, dreht sich noch zweimal um. Geld gibt er nicht. Nach etwa 20 Minuten und vier Liedern hört Aaron auf. Fünf Euro liegen nun im Koffer.

Eine jüngere blonde Frau und eine ältere Dame im schwarzen Kleid haben etwas gegeben, ein Rentner mit blau-weiß gestreiftem Polohemd auch. "Weil Du so mutig bist, hat er gesagt", meint Aaron, "die anderen beiden habe ich gar nicht bemerkt." Normalerweise macht der 16-jährige Schüler am Leibniz-Gymnasium Musik, "weil es mir Spaß macht". Mit sechs hat er angefangen, Geige zu spielen, nimmt Unterricht an der Dormagener Musikschule. "Gitarre habe ich mir selbst beigebracht", sagt er. Für Auftritte mit der Band gibt es in der Regel eine kleine Gage, um die 30 Euro pro Person.

Ob sich Straßenmusik lohnt? In Dormagen eher nicht, meint Aaron. "Ich bin mit fünf Euro zufrieden, aber ich glaube, dass die meisten was aus Mitleid gegeben haben."

Der Schüler vermutet, dass Straßenmusiker in der Stadt keinen guten Ruf haben: "Man sieht auch kaum welche hier und wenn, sind das meistens Obdachlose, die nicht spielen können." Aaron hat schon mal darüber nachgedacht, in Köln zu spielen: "Da sind die Leute offener." Und großzügiger? "Ich kenne Leute, die haben in zwei, drei Stunden in Köln 70 Euro mit Straßenmusik verdient."

(NGZ/rl)
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