Dormagen Die Retterinnen der Lebensmittel

Dormagen · Petra Kittlaus und Claudia Rieck möchten es nicht hinnehmen, dass überschüssige Speisen im Müll landen. Als „Foodsharing“-Botschafterinnen für Dormagen setzen sie sich fürs Teilen und Verschenken der Waren ein.

 Petra Kittlaus (l.) und Claudia Rieck wollen Lebensmittel vor der Mülltonne bewahren und in Dormagen ein System zur Rettung der Speisen aufbauen.

Petra Kittlaus (l.) und Claudia Rieck wollen Lebensmittel vor der Mülltonne bewahren und in Dormagen ein System zur Rettung der Speisen aufbauen.

Foto: Stefan Schneider

Die Situation hat wahrscheinlich fast jeder schon einmal erlebt: Zur großen Familienfeier ist ordentlich aufgetischt worden, doch am Ende sind noch so viele Speisen übrig, dass man eigentlich gleich die nächste Party starten könnte. Zwar werden in solchen Fällen oftmals Leckereien in Tupperdosen gefüllt und auf die Gäste verteilt, doch Reste bleiben so gut wie immer. Damit die nicht im Müll landen, ist vor einigen Jahren in Berlin eine Initiative gestartet worden, die sich bundesweit bewährt hat und jetzt auch in Dormagen Fuß fassen soll: das „Foodsharing“. Darunter versteht man das Retten von überschüssigen Lebensmitteln aus Privathaushalten sowie kleinen und größeren Betrieben, indem sie verschenkt werden. Petra Kittlaus und Claudia Rieck. die in Köln bereits sehr positive Erfahrungen mit der Idee gemacht haben, wollen sie nun auch in Dormagen etablieren. Die beiden Frauen fungieren deshalb als ehrenamtliche „Foodsharing-Botschafterinnen“ für die Chemiestadt, um auch hier der Lebensmittelverschwendung vorzubeugen.

„Ich verstehe das auch als einen Beitrag zum Umweltschutz“, erklärt Claudia Rieck, „ich habe selber Kinder und möchte dazu beitragen, dass ihre Zukunft und die unserer Erde gesichert wird.“ Dass viel zu viele Lebensmittel im Müll landen, ist der 45-Jährigen ebenso ein Dorn im Auge wie ihrer Mitstreiterin Petra Kittlaus (51). Das Konzept sei allerdings ein anderes als das der Tafeln, die für Menschen mit geringen finanziellen Mitteln eingerichtet wurden, erläutert Kittlaus: „Uns interessiert es nicht, ob jemand bedürftig ist oder nicht, ob jemand mit dem Mercedes kommt oder mit einem Handkarren. Bei uns ist alles kostenlos. Wir möchten verhindern, dass Lebensmittel weggeworfen werden.“ Das funktioniert mithilfe der Online-Plattform foodsharing im Internet, wo sich Interessierte informieren und austauschen können.

Ein wesentlicher Bestandteil des Lebensmittelteilens sind sogenannte Fairteiler, Schränke, in denen die Waren gesammelt werden und an denen sich jeder bedienen kann. Petra Kittlaus hat einen solchen Schrank vor ihrem Haus an der Bitterstraße 79 in Worringen stehen – und kann nur Positives berichten. Der Schrank sei zu einem Treffpunkt geworden, Freundschaften seien entstanden. Und die Foodsharing-Gemeinschaft in ihrem Bezirk wuchs binnen drei Monaten auf 600 Mitglieder.

Damit es auch in Dormagen so gut läuft, suchen Rieck und Kittlaus möglichst viele Mitstreiter: solche, die die Lebensmittelrettung koordinieren, und natürlich Betriebe (oder Einzelpersonen), die Lebensmittel abzugeben haben. So soll ein Netzwerk entstehen. Für dessen Aufbau wollen sich die beiden Frauen engagieren und dabei auch öffentlich die Werbetrommel rühren, zum Beispiel mit einem Infostand in der Innenstadt. „Vielleicht sprechen wir auch die Stadt an, ob es geeignete Stellen gibt, wo man einen Fairteiler platzieren könnte“, sagt Petra Kittlaus. Die Fairteiler werden von den Initiatoren mindestens einmal täglich kontrolliert, verderbliche Waren können nur an Standorten mit Kühlschränken abgegeben werden. Wer sich bedient, tut dies freilich auf eigene Verantwortung. Eine Haftung der Foodsharer ist ausgeschlossen.

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