Dormagen Flüchtlinge arbeiten bei der "Tafel"

Dormagen · Die neuen Helfer sollen so an den Arbeitsmarkt herangeführt werden.

Rotkohl, Wirsing, Sellerie - gar nicht so leicht auseinanderzuhalten, wenn man diese Gemüsesorten vorher noch nie gesehen hat. Und sich die Namen zu merken, ist noch schwieriger, wenn man noch nie ein Wort Deutsch gesprochen hat. "Nach sechs Monaten kennen die hier alles", sagt Claudia Manousek, Leiterin der Dormagener Tafel. Und mit "die" meint sie die fünf Flüchtlinge, die seit Anfang des Jahres die Ehrenamtler, Ein-Euro-Kräfte und Bufdis der Tafel bei ihren Arbeiten unterstützen. Dazu gehört unter anderem: abgeholte Lebensmittel entladen, sortieren, aufräumen, Müll entsorgen. "Dass bei uns Müll getrennt wird, bringen wir ihnen gerade als erstes bei", sagt Manousek. Und gesprochen wird noch mit Händen und Füßen, denn erst seit Anfang des Jahres besuchen die fünf einen Deutschkursus. Sechs Monate 24 Stunden pro Woche werden sie die Tafel, die mittlerweile 1500 Kunden hat, unterstützen.

Zu ihnen gehört Rövshan Abullayev aus Aserbaidschan, der mit seiner Frau und seinen beiden Kindern (5 und 4 Jahre) seit Oktober in Dormagen lebt. Die ersten deutschen Worte spricht er bereits, leichte Fragen versteht er. Der 38-Jährige hat gleich mehrere Abschlüsse, er ist Elektro-Ingenieur, Militär-Pilot und hat auch BWL studiert. Wichtig ist für ihn, möglichst schnell die deutsche Sprache zu lernen. Sein Wunsch: einmal als Unternehmer zu arbeiten. Mamadian Diallo ist erst 18 Jahre alt und kommt aus Guinea. Von dort ist er über Libyen mit dem Boot nach Italien geflüchtet, hat dort fast ein Jahr gelebt. Doch sein Ziel war Deutschland, in Dormagen ist er seit drei Monaten. Sein Vater lebt nicht mehr, über seine Mutter sagt er nichts, eine Tante, erzählt er, sei in Guinea im Gefängnis. Eine Ausbildung hat Mamadian noch nicht gemacht. Was er sich vor allem wünscht? "Eine Freundin", sagt er und lacht, denn eins möchte er vor allem, ein eigenes Zuhause und eine eigene Familie.

"Die Stimmung ist gut, wir lachen hier viel, vor allem dann, wenn sich Missverständnisse, die wegen der Sprachbarrieren immer wieder vorkommen, auflösen", sagt Claudia Manousek. Knapp 70 Helfer unterstützen den Verein "Dormagener Tafel", darunter auch drei Ein-Euro-Kräfte, deren Verträge gerade für drei weitere Monate verlängert wurden. Jede Hilfe ist willkommen, denn die Zahl der neuen Anträge wachse fast täglich, sagt Manousek.

(NGZ)
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