Festival Alte Musik Knechtsteden Ergreifender Abend mit Bachs Notensammlung in der Basilika

Knechtsteden · Das Festival Alte Musik begann am Wochenende.

„Das ist ein Programm, das Johann Sebastian Bach als sein Erbe empfunden hat.“ Hermann Max, Begründer des Knechtstedener Festivals Alte Musik und Verfechter der alten Aufführungspraxis, hat Vorfahren des großen Thomaskantors aufgespürt. Bezeichnenderweise gehörte an diesem bewegten Abend in der Basilika zumeist seine ganz persönliche Ahnengalerie dazu: Johann Michael Bach und Johann Christoph Bach. Die beiden Brüder aus Arnstadt waren in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in der Musikwelt hoch angesehen. Eingestreut war mit Georg Muffat, „der Kosmopolit“, ein weiterer profilierter Komponist des Barock.

Ihre Kompositionen spiegeln die sehr harte damalige Zeit wider. In der Basilika erklangen verzweifelte Klagelieder, vorgetragen unter der brillanten Leitung von Edzard Burchards von der Rheinischen Kantorei, dem Kleinen Konzert und Solo-Sängern. Dieses geistliche Konzertieren beschwor Klänge einer fernen Epoche, die fürchterliche persönliche Befindlichkeiten benannten und nichts beschönigten. Entsprechend ergriffen waren die Besucher in der vollbesetzten Basilika. Wie kann der Zuhörer heute mit solchen Inhalten umgehen? Diese Frage stand jedem unausgesprochen ins Gesicht geschrieben.

Zweifellos ist das große Musik, die längst ihren Ehrenplatz in dickleibigen Lexika einnimmt. Aber jenseits des ästhetischen Genusses und des Risikos, „bloß museal überzukommen“, ist da noch etwas anderes. Und damit ist die geistliche Botschaft angesprochen, das Klagen bis zur Anklage an Gott, entsetzliche Schicksale zuzulassen. Der verheerende 30-jährige Krieg wirkte immer noch nach, als diese Noten gesetzt wurden. Johann Sebastian Bach höchstpersönlich löste am Ende mit seiner überwältigenden Motette „Jesu meine Freude“ die Ausweglosigkeit auf wundervolle Weise auf.

Herrlich singt die Rheinische Kantorei, wie es sogar in der verwöhnten Basilika selten zu hören ist. Die Sängersolisten nehmen mit ihrer Interpretation ebenso gefangen wie das dezent aufspielende Kleine Konzert. Konzertmeisterin Anne Röhrig, Violine, brachte den sensationellen Musikabend auf den Punkt: „Bilder werden transportiert, Sänger und Instrumente sprechen miteinander. Wir spielen im Geiste des Textes.“ Auch so lässt sich Hoffnungslosigkeit überwinden, das blieb als Trost für die Heimkehrenden.

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