Drehorgelfest in Zons Große Pfeifen auf kleinen Rädern

Zons · 27 Drehorgeln kurbelten am Pfingstwochenende in der Zonser Altstadt die Stimmung an. Unter dem Motto „Lasst uns singen“ trat der Museumschor zum ersten Mal auf.

Wer einmal eine Drehorgel gespielt hat, ist dem Charme des historischen Instruments sofort erlegen. Das betont Dieter Hamacher, der am Pfingstwochenende gemeinsam mit gut 30 weiteren Drehorgelspielern an 27 Instrumenten die nostalgische wie fröhliche Stimmung ankurbelte. Das 18. Drehorgelfest in Zons stand in diesem Jahr unter dem Motto „Lasst uns singen“ – und das nahm nicht nur der neu zusammengestellte Museumschor wörtlich, sondern auch die Besucher. Überall wurden Liedtexte verteilt, sodass nicht nur im Takt geklatscht und getanzt, sondern auch kräftig gesungen wurde. Allen voran natürlich die Drehorgelspieler, bei denen Museumsleiterin Anna Karina Hahn und Museumspädagogin Verena Raugol mithalfen, die Gäste einzustimmen. „Es gibt eine gewisse Hemmschwelle, aber die Menschen singen gerne, vor allem die alten Stücke, die viele noch aus ihrer Jugend kennen.“ Darunter Lieder wie „Mariechen saß weinend im Garten“, „Der Orgelmann“ oder auch ein ganz neues Stück, für das Zonser Drehorgelfest von Spielern aus Baden-Württemberg komponiert und getextet: „Zonser Wind“.

Die Drehorgelspieler aus ganz Deutschland, mit Instrumenten, die teilweise weit über 100 Jahre auf dem Buckel hatten, erzählten den Besuchern gerne von ihrem musikalischen Hobby. So auch Dieter Hamacher, der per Zufall an den Schwengel gekommen ist: „Ich habe drei Kinder, und gemeinsam wollten wir meine Eltern zu ihrer Goldenen Hochzeit überraschen. Also habe ich gemeinsam mit einem Freund eine Moritat verfasst, die wir zum Besten gegeben haben.“ Die Orgel sei aber nur geliehen gewesen, und so weinten beide Augen, als er sie seinem Besitzer zurückbringen musste. „Um Karneval herum rief er mich an, weil er krankheitsbedingt die Orgel nicht mehr spielen konne. Ich habe sie gekauft, und an Weihnachten im selben Jahr war sie abbezahlt.“ Seitdem nennt er die Hofbauer Notenbandorgel mit 20 Tonstufen sein Eigen.

Berlin ist noch heute das Zentrum der Drehorgelspieler. „Aber eigentlich ist Waldkirch in der Nähe von Freiburg die Drehorgelstadt“, wusste Josef Reich von den Drehorgelfreunden Waldkirch, der mit sechs Moritaten über Geschehnisse aus dem Ort angereist war. Besonderer Blickfang war die Demonstrationsorgel aus Plexiglas, mit der er den Besuchern zeigte, wie das Instrument funktioniert. „In Waldkirch gibt es noch fünf Orgelbaufirmen. In Berlin nur eine.“ Er selbst besitzt zwölf Instrumente, die älteste ist 123 Jahre alt. „Das Drehorgelfest in Zons ist ein ganz besonderes, weil es vom Museum und seinem Förderverein veranstaltet wird und die Orgeln handverlesen sind“, betonte er. Die Musik wecke Erinnerungen, was Besucher Hans-Josef Commer aus Neuss-Hoisten bestätigte: „Ich weiß noch, 1947, als ich ein kleiner Junge war, kamen die Drehorgelspieler ins Dreikönigenviertel, um die Menschen in der trostlosen Zeit zu erfreuen. Die Leute packten Geldstücke in Papier und warfen sie hinunter zu den Moritatenspielern.“

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