Interview mit Dormagens Bürgermeister Erik Lierenfeld „Freundschaft zu Israel weiter stärken“

Dormagen · Bürgermeister Erik Lierenfeld äußert sich erschüttert über den antisemitischen Anschlag von Halle.

 Bürgermeister Erik Lierenfeld (r.) mit seinem Amtskollegen Israel Gal aus Kiryat Ono vor dem Freundschaftsbaum in der israelischen Partnerstadt Dormagens. Im nächsten Jahr wird das Jubiläum „25 Jahre Städtepartnerschaft“ in beiden Städten gefeiert.

Bürgermeister Erik Lierenfeld (r.) mit seinem Amtskollegen Israel Gal aus Kiryat Ono vor dem Freundschaftsbaum in der israelischen Partnerstadt Dormagens. Im nächsten Jahr wird das Jubiläum „25 Jahre Städtepartnerschaft“ in beiden Städten gefeiert.

Foto: Stadt Dormagen

Herr Lierenfeld, der rechtsextremistische und antisemitische Anschlag in Halle hat für tiefe Bestürzung gesorgt. Was empfinden Sie angesichts der sehr guten Beziehungen, die Dormagen zur israelischen Partnerstadt Kiryat Ono unterhält?

Lierenfeld Erschütterung, Trauer und Mitgefühl. Ein Mordanschlag auf eine Synagoge, mitten in Deutschland, an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag. Mir läuft es immer noch kalt den Rücken runter. Gerade wir Dormagener haben ja durch unsere fast 25-jährige Städtepartnerschaft mit Kiryat Ono freundschaftliche Verbindungen nach Israel.

Wie sind Sie bei Ihren Besuchen in Israel empfangen worden? Haben Sie dort Vorbehalte gegen Deutsche erlebt?

Lierenfeld Ich war ja erst vor zwei Wochen in Kiryat Ono, um über das bevorstehende 25-jährige Bestehen unserer Städtepartnerschaft zu sprechen. Und es war – wie bei allen meinen bisherigen Besuchen dort – herzlich und freundschaftlich. Die Menschen begegnen uns Deutschen offen und vorurteilsfrei, sie empfangen uns mit offenen Armen. Umso mehr schäme ich mich für das, was in Halle passiert ist. Wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass wir in Deutschland ganz offensichtlich ein Problem mit rechter Gewalt haben. Menschen sterben. Wir haben uns nach dem Terror der Nationalsozialisten geschworen: nie wieder. Jetzt müssen wir als Zivilgesellschaft dieses Versprechen einlösen. Das darf kein reines Lippenbekenntnis sein, sondern gesellschaftlicher Konsens, der auch umgesetzt wird.

Wie können Sie und andere Dormagener sich gegen Antisemitismus einsetzen und die deutsch-jüdische Freundschaft stärken?

Lierenfeld Das wirksamste Mittel sind Begegnung und persönlicher Austausch. Dazu sind gegenseitige Besuche ganz wichtig, das ist ja die Idee hinter allen Städtepartnerschaften. Das ist für uns als Stadt aktueller denn je, und wir machen uns dafür stark, dass dieser Kontakt künftig noch weiter intensiviert wird. Denn er ist durch nichts zu ersetzen.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit den Schüler- und Pfadfindergruppen bei den gegenseitigen Austauschbesuchen?

Lierenfeld Städtepartnerschaften sind so ungeheuer wichtig, das zeigt sich auch an den Begegnungen der Jugendlichen, die einander kennenlernen, miteinander sprechen und sich über ihre Kultur austauschen. Da entstehen Freundschaften über Grenzen hinweg. Die Schüler schauen nicht auf Religion oder Kultur, sondern auf den Menschen. Das wünsche ich mir auch von Erwachsenen: Vorurteilsfrei in Kirchen, Moscheen und Synagogen gehen und mit den Menschen zu sprechen.

Was planen Sie 2020 zum Jubiläum der Partnerschaft der Städte Dormagen und Kiryat Ono?

Lierenfeld Im Mittelpunkt steht die Begegnung mit Menschen. Wir werden die Partnerschaftsurkunden erneuern, dazu wird auch eine Delegation nach Kiryat Ono reisen und Freunde aus Israel zu Besuch bei uns in Dormagen sein. Hier wird es einen Festakt geben, und auch eine nachhaltige Überraschung, die über das Jubiläum hinaus sichtbar bleiben soll, ist in Vorbereitung. Auf die Begegnungen freue ich mich schon sehr.

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