Geschwärzte Fotos in Erinnerungsbüchern Datenschutz-Posse in Dormagener Kita sorgt bundesweit für Aufsehen

Dormagen · In Dormagen sorgt eine katholische Kita für Aufsehen. Auf Fotos von Erinnerungsbüchern wurden die Gesichter geschwärzt. Der Grund: Datenschutz. Das sorgt bundesweit für Aufsehen und für Ärger bei den Eltern. Im nächsten Jahr will man Abhilfe schaffen.

 Das Erinnerungsbuch der Kita in Dormagen mit den geschwärzten Gesichtern. Das Gesicht des Kindes unten rechts wurde von der Redaktion aus Persönlichkeitsgründen gepixelt.

Das Erinnerungsbuch der Kita in Dormagen mit den geschwärzten Gesichtern. Das Gesicht des Kindes unten rechts wurde von der Redaktion aus Persönlichkeitsgründen gepixelt.

Foto: privat

Eigentlich ist ein Kita-Erinnerungsbuch eine schöne Sache: Viele Fotos sollen die baldigen Schulkinder an ihre Zeit im Kindergarten erinnern. Doch die Familien der Vorschulkinder der Kita St. Katharina in Dormagen-Hackenbroich können sich über ihre Bücher nicht freuen: Diese zeigen statt fröhlicher Szenen im Sandkasten oder in der Spielecke lauter geschwärzte Gesichter. Bis auf das Gesicht des Kindes, an das die Erinnerungsmappe ausgehändigt wurde, wurden alle Gesichter geschwärzt, von Kindern, Erziehern und anderen Erwachsenen. Die Eltern sind empört. Medien in ganz Deutschland berichteten über den Fall.

Mehrere Familien beschwerten sich bei der Kita-Leitung. Besonders die Fotos, auf denen die Kinder mit anderen Kindern spielen, seien doch der Anlass, um sich das Buch später noch einmal anzusehen und sich an die Freunde von früher zu erinnern.

Auch die Schnappschüsse von Feiern zu Geburtstagen, St. Martin und Nikolaus zeigen keine anderen Gesichter als die des eigenen Kindes. Der Rest ist geschwärzt, bzw. mit Balken oder blauen Gesichtern versehen. „Das sieht fast wie bei Verbrechern aus“, sagt eine Mutter. Auch das im Frühling von einem Fotografen im Kindergarten gemachte Vorschulkinder-Gruppenfoto wurde nicht an die Eltern ausgehändigt.

Der Grund für die Unkenntlichmachung ist der Datenschutz. Wie Pfarrer Peter Stelten von der Trägergemeinde St. Michael Dormagen-Süd sagt, habe man „auf Nummer sicher“ gehen wollen: „Niemand wollte die Familien ärgern, das alles ist aus Sorge um die Persönlichkeitsrechte der Kinder und die eventuellen rechtlichen Folgen für die Kita entstanden.“ Es herrsche Unsicherheit, ob und welche Fotos an andere Kinder und ihre Familien herausgegeben werden dürfen.

Bindend für die Pfarrei ist das Kirchliche Datenschutzgesetz (KDG), das seit Ende Mai 2017 im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der EU für den gesamten kirchlichen Bereich gilt. Demnach hätten im Vorfeld Einverständniserklärungen der Eltern eingeholt werden müssen. Im Nachhinein sei das dann nicht mehr leistbar gewesen, sagt Pfarrer Stelten. Heraus kamen dann die Bücher, deren Erinnerungswert nach Ansicht vieler Eltern jedoch „gleich Null“ ist.

Im Erzbistum Köln ist der Vorgang einem Sprecher zufolge bislang einmalig. Weiter wollte sich das Bistum zum Fall auf Anfrage nicht äußern. Auch der Vorsitzende der Konferenz der Diözesan-Datenschutzbeauftragten, Andreas Mündelein, kennt keine vergleichbaren Fälle. Er findet das Vorgehen der Kita „merkwürdig“. Einerseits sei es richtig, dass sich die Verantwortlichen Gedanken über Datenschutz machten. „Dass vor der Veröffentlichung von Kindern und Jugendlichen die Eltern zustimmen müssen, ist zudem im Sinne des Kinderschutzes ebenfalls richtig – aber nicht neu.“

Die Ausführung sei dagegen kurios und schade für die Kinder und ihre Familien. Dem Datenschutzbeauftragten zufolge hätte es durchaus Möglichkeiten gegeben, das Ganze anders anzugehen. „Zum Beispiel hätte man die Eltern mit Vorlauf um ihr Einverständnis bitten können, so ein Jahrbuch ist ja keine spontane Aktion.“

Ähnlich sieht das auch die Landesdatenschutzbeauftragte, Helga Block. Es sei empfehlenswert, Erziehungsberechtigte genau über die Art, den Umfang und die Gelegenheit der Aufnahme der Fotos zu informieren, sollten diese auf der Kindergarten-Homepage veröffentlicht oder in anderer Weise genutzt werden. Mündele rät zudem, sich im Zweifel an zuständige Datenschutzstellen zu wenden.

Immerhin zeichnet sich für das nächste Jahr bereits eine Lösung ab. Die Einzelheiten sollen laut Pfarrer Stelten noch innerhalb der Kita und mit dem Erzbistum Köln abgesprochen werden. „Ich kann mir aber vorstellen, dass nach erfolgter Einverständniserklärung der Eltern zumindest ein Gruppenfoto zu Beginn und zum Abschied der Kita-Zeit möglich sein wird.“

Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa konkretierte er das am Freitag: „Wir erarbeiten gerade ein Regelwerk, dass wir nächstes Jahr schöne Mappen haben, die den Datenschutzbestimmungen standhalten und dem Bedürfnis der Eltern nach schönen Erinnerungsritualen entgegenkommen. Da werden keine geschwärzten Gesichter erscheinen.“ Dazu müsse es aber vorher ein Einwilligungsverfahren der Eltern geben. „Wie das genau aussehen wird, das weiß ich im Moment noch nicht.“

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