Naturfreizeit in Dormagen Kinder erleben Greifvögel hautnah

Dormagen · Eine Woche lang bietet die Schutzgemeinschaft deutscher Wald im Tannenbusch ungewöhnliche Naturerfahrungen an.

 Falkner und Waldpädagoge Martin Schneiders erklärt der elfjährigen Enya den Umgang mit einem Harrishawk, einem Wüstenbussard.

Falkner und Waldpädagoge Martin Schneiders erklärt der elfjährigen Enya den Umgang mit einem Harrishawk, einem Wüstenbussard.

Foto: Georg Salzburg(salz)

Lotta bleibt ganz ruhig. Obwohl der große Greifvogel, der auf ihrem Lederhandschuh hockt, kurz mit den Flügeln schlägt, um die Balance wiederzufinden, wird das blonde Mädchen nicht nervös. Schließlich hat sie schon gleich zu Beginn der Sommer-Ferienfreizeit im Tannenbusch gelernt, was einen guten Falkner ausmacht: Er muss geduldig sein, Respekt vor den Tieren haben, Vertrauen haben und Vertrauen geben – und er muss mutig sein, darf sich also nicht vor den Vögeln fürchten.

Beigebracht hat Lotta dieses kleine Einmaleins der Falknerei der Waldpädagoge Martin Schneiders, der die knapp 30 teilnehmenden Kinder, aufgeteilt in zwei Gruppen, gemeinsam mit seinem Kollegen Stefan Laszloffy in dieser Woche zum „Kleinen Greifvogelschein“ führt. Am Dienstag hatte Schneiders drei Harrishawks (Wüstenbussarde) dabei und einen Falken. Die Jungen und Mädchen lernten den Umgang mit den Vögeln und durften auch ein paar Schritte mit ihnen auf dem Arm spazieren gehen. Die Vögel waren dabei mit einer Schnur gesichert, einer Langfessel, wie Schneiders erklärte. Die verhindert, dass der Vogel wegfliegen kann und hat einen besonderen Knoten, den zu knüpfen Schneiders den jungen Kursteilnehmern ebenfalls beibrachte. Wenn doch mal eines der Tiere entfleucht, ist das kein Drama – der Hunger treibt es zu Schneiders zurück. „Wenn Greifvögel allerdings satt sind, dann kann das dauern. Die haben ihren eigenen Kopf und kommen nicht automatisch auf Zuruf“, erzählt er. Deshalb die Langfessel.

Die drei Habichte und der Falke wirken sehr entspannt. Den Umgang mit Menschen sind sie gewöhnt. Die kräftigen Schnäbel sehen zwar respekteinflößend aus. „Aber in der Regel greifen die Tiere nicht an, sondern flüchten eher, wenn sie Gefahr befürchten“, sagt Schneiders. Seit sieben Jahren bietet er Seminare mit Greifvögeln an, eine Attacke auf Teilnehmer habe es in der ganzen Zeit noch nicht gegeben.

Zu der Ferienfreizeit im Tannenbusch gehört aber nicht nur die Beschäftigung mit Bussarden, Falken und Eulen – ein Eulentag ist für den heutigen Mittwoch vorgesehen – zum Programm, sondern auch Walderlebnisse im Allgemeinen. Die Jungen und Mädchen können im Tannenbusch Hütten bauen, lernen, essbare von giftigen Pflanzen zu unterscheiden, heimische Vogelarten zu erkennen und zu benennen, können schnitzen und spielen. Zum Abschluss am Freitagnachmittag werden die Eltern erwartet, die sich mit ihren Kindern und den Greifvögeln fotografieren lassen können.

Die Teilnehmerzahlen bei den regelmäßig über die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald angebotenen Kursen seien seit Jahren recht konstant, berichtet Martin Schneiders. Er meint aber, ein wieder gestiegenes Interesse an der Natur festzustellen. „Das merke ich an den Fragen der Eltern“, sagt er.

Jetzt fordert er die Kinder auf, sich zu zweit zusammen zu tun, „möglichst mit einem Kind, das ihr noch nicht so gut kennt“. Denn jetzt steht eine Vertrauensübung an. Die Kinder sollen lernen, wie es ist, wenn sie sich auf jemand Anderen, weitgehend Fremden, verlassen müssen. Denn das müssen die Vögel auch, wenn sie auf dem Schutzhandschuh eines Unbekannten Platz nehmen. Schneiders verteilt Augenbinden, ein Kind ist „blind“, das andere führt. Danach wird gewechselt. „So können die Kinder besser nachempfinden, wie ein Vogel sich fühlt, wenn er einem Menschen ,ausgeliefert’ ist“, erläutert Schneiders. Empathie ist eben auch ein Lernziel beim „Kleinen Greifvogelschein“.

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