Stummfilm-Meisterwerk mit Musikbegleitung Dormagener Christuskirche als Lichtspielhaus

Dormagen · Vorführungen historisch bedeutsamer Stummfilmwerke mit Live-Musikbegleitung – wie zu alten Zeiten – boomen seit vielen Jahren. Nun hat auch der neue Kirchenmusiker an der Dormagener Christuskirche Georg Wendt das Gotteshaus in ein Lichtspieltheater verwandelt.

In der beliebten Konzert-„Reihe 8“ wurde Fritz Langs Meisterwerk von 1921 „Der müde Tod“ in einer 2016 digital restaurierten Fassung gezeigt. Das „deutsche Volkslied in sechs Versen“ – so der Untertitel – erzählt die Geschichte einer jungen Frau (Lil Dagover), die sich, um ihren Geliebten zu retten, auf ein Spiel mit dem Tod (Bernhard Goetzke) einlässt. Drei Rettungsversuche scheitern: Sowohl im Orient (Rache der Gläubigen), als auch in Venedig (Mord im Karneval) und in China (Tyrannenmord) verlöschen die bereits flackernden Lebenslichter endgültig. Und doch hat der Film eine Art „Happy End“: Um ein Kind zu retten, kommt die junge Frau bei einem Brand um und ist so im Tode mit ihrem Geliebten vereint. Will sagen: „Die Liebe ist stärker als der Tod!“

Der gewaltigen Herausforderung, diesen Film mit außergewöhnlich ausdrucksstarken Bildern live zu vertonen, stellte sich Georg Wendt gleich an vier Instrumenten: Synthesizer, Klavier, Orgel und Perkussion. Das hatte zum Teil, etwa im dritten Vers zum Tanz der Derwische, in der Kombination von Orgel und Synthesizer originellen Klangzauber. Überwiegend aber galt: Weniger wäre mehr gewesen.

Die Beschränkung auf die Orgel allein kam wegen zu geringer Größe des Instrumentes nicht in Frage. Der Synthesizer bot weitaus mehr Möglichkeiten, durchaus vergleichbar mit den historischen Kinoorgeln mit bis zu 200 Registern, die im vergangenen Jahrhundert in den Filmpalästen eingesetzt wurden. Zu oft hatte Georg Wendt das Instrument aber viel zu dramatisch registriert. Da Fritz Lang sein traumatisches Erlebnis „I. Weltkrieg“ in dem Film verarbeiten will, ist der Tod im vierten Vers „müde“. Die Musik schwingt aber zu dramatischen Höhen empor. Ein echter Ausreißer war, dass den Karneval in Venedig der Schlager „die Hände zum Himmel“ persifliert.

Da passte es schon eher, dass nach knapp 100 Minuten Film und musikalischer Begleitung zum tragischen Ende Johann Sebastian Bachs „Komm süßer Tod, komm selge Ruh“ aus dem Schemelli-Gesangbuch erklang, allerdings in einer verhalten popigen Fassung.

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