Marketing-Strategie passt nicht Dormagen ist nicht das "Tor zum Niederrhein"

Marketing-Strategie passt nicht · Der Rhein-Kreis Neuss hat es vorgemacht: Der Rhein als sinngebendes Element, als der Dreh- und Angelpunkt der Heimat, der auch in Shanghai, Johannesburg, Dubai oder New York verstanden und lokalisiert wird.

"Oh wie ist es am Rhein so schön", erklingt heute nicht nur in alter Strom-Tradition des Rheintals mit Burgen, Schlössern und Weinbergen, sondern auch - und heute vor allem - als eine der bedeutendsten Wirtschaftsschlagadern Europas. Von der Nibelungensaga über den geschichtsträchtigen Schicksalsstrom der Deutschen bis zu Siedlungspunkt für bedeutende Industrieen und Dienstleistungen und als Tourismagnet - der Rhein ist weltweites Marken- und Qualitätszeichen.

Kein Wunder, dass auch Dormagen von diesem weltweiten Goodwill gegenüber dem "Rhine River" profitieren will. Die Marketing-Strategen machtwen sich ans Werk. Und bald war die Losung für Dormagen gefunden "Das Tor zum Niederrhein". Ein entsprechendes Logo wurde entworfen, endlich sollten auch die Menschen in fernen Ländern erfahren, das Dormagen eine der zentralen Städte am Rhein ist, an der Schwelle vom Mittel- zum Niederhhein. Das Tor wird zum Symbol für den Handel, das Rheintor als Pforte zur Welt.

Mit Zons für den alten Rhein und Bayer als Teil des Chemiegürtels entlang des Flusses - als Sinnbild der neuen Bedeutung des Stroms - das hat etwas, so die Marketingexperten. Frohen Mutes und als eine Geste der Höflichkeit teilte der Dormagener Bürgermeister den Nachbarstädten das neue Motto des Dormagener Stadtmarketings mit.

Doch dann kam der Schock: Aus Köln kam ein deutlicher Hinweis. Der Oberbürgermeister der Domstadt, Fritz Schramma, weist die Stadt Dormagen höflich, aber bestimmt, und nicht ohne ein Fünkchen Ironie darauf hin, dass sie eben nicht das Tor zum Niederrhein sei. Schramma führt aus, dass sich "der Kölner" seit jeher eher dem Mittelrhein zugehörig fühlt, jener locker-leichten Lebensart, die sich deutlich von dem eher schwerblütigen und -mütigen Niederrheiner abhebt. "Doch gilt es den Realitäten ins Auge zu sehen."

Eine Nachfrage bei der Kölner Universität ergab ein anderes Bild: "Laut Herrn Professor Dr. Ernst Brunotte, dem Leiter der Abteilung Angewandte Geomorphologie und Landschaftsforschung, endet der Mittelrhein zwischen Bad Godesberg und Bonn, dort wo das Rheinische Schiefergebirge aufhört. Ab hier beginnt der Niederrhein. Köln liegt in der niederrheinischen Bucht, die westwärts bis zur Eifel/Rur geht und im Osten vom Bergischen Land begrenzt wird. Somit sind also eigentlich die Bonner am Tor zum Niederrhein zu Hause, was unsere gemeinsame Kollegin Dieckmann vielleicht freuen wird."

Soweit Schramma - und der Schock für das Dormagener Marketing. Schramma an Hauschild: "Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort gedient zu haben, auch wenn Ihre Marketingstrategie für Dormagen als 'Tor zum Niederrhein' damit leider nicht umgesetzt werden kann." Für die Dormagener Marketing-Experten stellt sich nun wieder einmal die Sinnfrage: "Alles Niederrhein - oder was?"

Der symbolträchtige Blick durch das Rheintor auf den Niederrhein bis zu den großen Häfen am Meer wird zur Illusion. Bleibt nur die Suche nach Alternativen. Doch die wird schwer. Die "Perle am Niederhein" zum Beispiel ist schon vergeben: Damit schmückt sich die Stadt Kaarst. Chris Stoffels

(NGZ)
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