Krimilesung mit Führung in Dormagen-Zons Morde hinter alten Mauern

Zons · Höchst unterhaltsam war die Krimiführung durch Zons mit Autorin Catherine Shepherd und Franziska Gräfe.

Das ist mal eine Krimi-Lektüre voller Saft und Kraft! Und das war am frühen Samstagabend eine Stadtführung in der Feste Zons, die es in sich hatte. Aber der Reihe nach, denn die erfreulich zahlreichen Besucher hatten sich „in der besterhaltenen Festungsstadt am Rhein“ auf eine Zeitreise ins Jahr 1500 begeben. Unter der Führung der Autorin Catherine Shepherd und der Fremdenführerin Franziska Gräfe wurde ein Blick der besonderen Art hinter die mauerbewehrte Stadt am Rhein gewährt. Grausiges Schaudern zum Geschehen und faszinierende Blicke auf die städtische Architektur hielten sich dabei die Waage.

Das prächtige hochsommerliche Wetter mochte nicht so recht zum Vorlesen aufregender Passagen passen. Da hätte von Nebel durchzogene schummrige Dunkelheit noch ein wenig mehr Effekt erzeugt. Doch die beiden Damen verstanden es vorzüglich, auch bei blankem Sonnenschein Spannung zu erzeugen. Vielversprechend „Sündenkammer“ lautet der Titel des nunmehr neunten Zons-Krimis von Catherine Shepherd, aus dem sie in den pittoresken Gassen an einigen Stationen vorlas. Den nötigen historischen Hintergrund lieferte Franziska Gräfe. An dieser Stelle zwischen Köln und Neuss, erfuhren die Zuhörer, sei seit jeher so allerhand los. Und im Jahr 1500, so will es der Roman, ging es in diesem im Wesentlichen bis heute gleich gebliebenen Städtchen besonders turbulent zu.

„Eine Leiche muss im Krimi sein“, überraschte Catherine Shepherd die derlei Romane gewohnten Gäste ganz und gar nicht. Im damaligen Zons seien es sogar gleich mehrere ermordete Knaben gewesen. Bei den Ermittlungen ist Stadtsoldat Bastian Mühlenberg voll gefordert, indem er sich den merkwürdigen Vorfällen in Zons stellt. So lassen scheinbare Historie und geschickt platzierte Fiktion an der Grünwaldstraße vermuten, dass offenbar ein Totengräber wieder auferstanden ist.

Von Untoten ist viel die Rede in diesem Text, um Grabsteine schimmert es hell. Soldat Hugo zittert am ganzen Leibe (bei solchen Passagen sind die Zuhörer eher belustigt), ein Pfarrer kommt mit dem Allheilmittel Weihrauch daher. Das tut dem Untoten aber nichts. Die Akteure „spüren den Teufel im Nacken“. Die alte Wilhelmine facht das Grausen an, indem sie eine schwebende Frau gesehen haben will. Satan scheint für alles verantwortlich zu sein.

An der neugotischen Kirche St. Martinus gab es zu uralten Zeiten einen Friedhof, auf den wiederum die in Chroniken bewanderte Franziska Gräfe hinwies. An der unmittelbar benachbarten Gasse „Hohes Örtchen“, der höchsten Stelle in Zons (und dabei geht es lediglich um einige Meter), retteten die Bürger einst ihr Vieh bei hereinbrechendem Hochwasser des Rheins. Dann bringt Catherine Shepherd ihre Handlung wieder voran, ohne allerdings die Lösung zu verraten. Der aufgefundene Tote trägt ein Büßergewand, das aufsässigen Kloster-Novizen übergestreift wird, und er ist mit einem Pulver aus dem Blauen Eisenhut vergiftet worden.

Stadtsoldat Bastian Mühlenberg bleibt beharrlich dran wie ein heutiger Fernseh-Kommissar. Insofern ist das Geschehen den Besuchern vertraut. Gewöhnungsbedürftig ist der Hinweis auf den Turm für Pestkranke in der wuchtigen Stadtmauer, der auch als Gefängnis gedient hat. Laufend treffen sich beim Aufmerksamkeit fordernden Rundgang Realität und Imagination. Am Rheintor, „die malerischste Stelle von Zons“, im Kräutergarten und am alten Franziskanerkloster. Irgendwie ist alles mit dem Kriminalfall verbunden, vermutet der Zuhörer. Eine Besucherin merkte an: „Ich war schon öfter hier, doch jedes Mal erfahre ich Neues.“ Das können sich Catherine Shepherd und Franziska Gräfe als großes Verdienst anrechnen.

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