Betreiberin gibt auf Aus für Dormagener Café wegen Kopftuchs?

Dormagen · Nach nicht einmal einem Jahr hat Pächterin Ayten Sahintürk das "Café Seitenweise" dicht gemacht. Sie ist überzeugt, wegen ihres Kopftuchs wären viele Kunden nicht gekommen. Wie es weitergeht, ist unklar.

 Im August vergangenen Jahres waren alle noch zuversichtlich, dass der Pächterwechsel gelingt: Nurten Kayaalti, der vorherige Pächter Stephan Thönnißen und Ayten Sahintürk.

Im August vergangenen Jahres waren alle noch zuversichtlich, dass der Pächterwechsel gelingt: Nurten Kayaalti, der vorherige Pächter Stephan Thönnißen und Ayten Sahintürk.

Foto: LBER

Nach nicht einmal einem Jahr hat Pächterin Ayten Sahintürk das "Café Seitenweise" in Dormagen dicht gemacht. Sie ist überzeugt, wegen ihres Kopftuchs wären viele Kunden nicht gekommen. Wie es weitergeht, ist unklar.

Nach nur einem Dreivierteljahr hat Ayten Sahintürk das Handtuch geworfen: Zu wenige Kunden, zu wenig Umsatz - mit der Folge: Das Café Seitenweise ist (wieder) dicht. Im August vergangenen Jahres war sie mit ihrer Zwillingsschwester Nurten Kayaalti hoffnungsvoll gestartet und wollte in die Fußstapfen von Stephan Thönneßen treten, der lange Jahre dieses besondere (Literatur-)Café geführt hatte. Die 46-Jährige glaubt zu wissen, warum es zu dem geschäftlichen Misserfolg gekommen ist: "Weil ich ein Kopftuch trage", sagt sie, "das ist der Hauptgrund".

Ein heikles Thema und eine Annahme, die Ayten Sahintürk, die seit 40 Jahren in Dormagen lebt, nicht handfest belegen kann, aber dafür Indizien nennt: "Kunden, darunter auch ehemalige Stammkunden des Cafés, kamen rein, sahen mich an und verließen wieder den Laden."

Zogen Kunden Bedienung ohne Kopftuch vor?

Auch sei eine Kollegin, die bediente und kein Kopftuch trug, von Gästen gezielt angesprochen und sie selbst nicht beachtet worden. "Dass mir das in Dormagen passieren kann, hätte ich niemals gedacht. Natürlich sind nicht alle so...", fügt sie hinzu. Aber unter dem Strich sind in den vergangenen Monaten zu wenige Kunden gekommen, um Kaffee, türkischen Tee und türkische Spezialitäten zu genießen. "Auch die Öffnung des Restaurants Meva haben wir gespürt. Dabei haben wir uns so viel Mühe gegeben."

Mehmet Güneysu, Vorsitzender des Integrationsrates, ist überrascht: "Wenn das so von der Pächterin empfunden worden ist, wird wahrscheinlich etwas dran sein." Er sagt: "Das Lokal ist offenbar nicht von der deutschen Bevölkerung angenommen worden." Sein Appell lautet, Integration nicht als Einbahnstraße zu sehen: "Kopftuch-Trägerinen sollten nicht als fremd oder als Bedrohung angesehen werden." Es gehe um Toleranz und Akzeptanz und um das gegenseitige Verständnis von Kulturen. "Wenn man keinen richtigen Kontakt zueinander hat, entstehen schnell Vorurteile."

Mit ein Grund dafür, dass heute der Integrationsrat zusammen mit der Stadt an der Grundschule Burg in Hackenbroich ein Mehrsprachigkeits-Projekt mit Schülern und Kindergartenkindern macht. Wirtschaftsförderer Michael Bison bedauert die Entwicklung: "Schade, dass das Konzept nicht aufgegangen ist." Er wünscht sich, an dieser Stelle ein "Konzept-Café, das nicht Standard ist - das würde die Innenstadt beleben".

Der Mietvertrag von Ayten Sahintürk läuft noch bis Februar. Sie sucht einen Nachmieter, das gleiche tut der Vermieter, David Fernandez aus Köln. Der sagt: "Es gibt eine hohe Nachfrage. Es kommt jetzt darauf an, ob der Nachmieter mit der Abstandszahlung für das Inventar einverstanden ist." Er glaubt, dass es ein Fehler war, das vorherige Konzept einfach weiter zu fahren, ohne Veränderungen, außer bei den Speisen, vorzunehmen. Als Nachfolger würde ein Fachgeschäft gut passen, zum Beispiel Feinkost. Aber auch ein Café. Ausgeschlossen seien ein Bäcker, eine Shisha-Bar oder ein Kulturverein, so Fernandez.

(schum)
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