Dormagen Die Fernfahrer-Versorger

Dormagen · Seit 50 Jahren bietet der "Truck-Stop" an der B9 Lkw-Fahrern eine Zuflucht. Aus Holland, Spanien und Finnland kommen die Brummifahrer zu Kalli Bläsing. Doch die Erfindung des GPS-Systems ist schlecht fürs Geschäft.

 "Truck Stop"-Geschäftsführer Kalli Bläsing und Pächterin Theopula Koustoudi

"Truck Stop"-Geschäftsführer Kalli Bläsing und Pächterin Theopula Koustoudi

Foto: Jazyk

Am Anfang war der Schwenkgrill. Es waren die 80er Jahre, der Dormagener Kalli Bläsing hatte gerade seine Lehre zum Maler und Lackierer bei Bayer absolviert und sich mit einem Imbisswagen selbständig gemacht. "Ich musste mich durchboxen, der Anfang war schwierig", sagt er. Der damals 24-Jährige stellte den Wagen auf den Märkten in der Gegend ab, Mutter und Oma halfen beim braten und brutzeln — der Rest ist Gastronomie-Geschichte.

"Truck Stop"-Postkarten von 1961

Heute sitzt Kalli Bläsing auf einem Barhocker im "Truck Stop" an der B9. Der Trucker-Treff trägt seinen Namen, nebenbei betreibt der 51-Jährige einen Party-Service und das Schützenhaus in Stürzelberg. Bläsing trägt Schnauzbart. Er würde perfekt auf den Bock eines Trucks passen, irgendwann muss die Grenze zwischen Gastgeber und Gast verwischt sein. Er nippt an seinem Kaffee, schwarz. Normalerweise würde er jetzt eine Zigarette anstecken. "Doch seit dem Rauchverbot, naja, müssen wir halt raus", sagt er verdrießlich.

Mit dem Draußen und Drinnen ist das ohnehin so eine Sache. Wer durch die Tür des "Truck Stops" kommt, hat das Gefühl durch eine Zeitschleuse zu gehen. Die Wände sind holzvertäfelt, die Einrichtung urig. Setzkästen mit Lastwagen-Modellen hängen an der Wand. Gastgeschenke. Handwerker sitzen schweigend über ihren Tellern, Lkw-Fahrer und Rentner. Was sie an "Kalli's Truck Stop" lieben, ist die Konstanz auf der einen, die Internationalität auf der anderen Seite. Es gibt Postkarten vom "Truck Stop" aus dem Jahr 1961. "Seitdem", sagt Bläsing, "hat sich nicht viel verändert — der eine oder andere Stuhl ist vielleicht neu."

Fahrer aus Holland, Spanien und Finnland kommen zu dem roten Backstein-Quader auf dessen Dach im Dunkeln leuchtend ein Lkw den Weg weist, wie der Stern bei den Heiligen Drei Königen, nur für Fernfahrer. Man bestellt mit Händen und Füßen, Schnitzel, Currywurst, Pfannkuchen. Die Spanier essen lieber leicht. "Die mögen die schweren Soßen nicht", sagt Bläsing. Nach dem Essen legen sich die Fahrer auf dem Parkplatz in ihre Koje. Manchmal muss der 51-Jährige die Trucks auf die Plätze weisen, nach Uhrzeit. Damit es kein Chaos gibt. "Früher haben die Fahrer Umwege in Kauf genommen, um zu uns zu kommen", sagt Kalli Bläsing. Seit es GPS-Systeme gibt, überwachen die Firmen ihrer Fahrer.

Heute ist Bläsing nur noch der Geschäftsführer der Kneipe. Theopula Kostoudi, "Poppy" genannt, hat den Laden gepachtet. Acht Angestellte arbeiten im "Truck-Stop" im Schicht dienst. Von den unzähligen Geschichten, die Bläsing mit den Gäste erlebt hat, zeugt eine Fotowand in der hinteren Ecke des "Truck Stop". Er löst zwei Fotos. "Meine Schwester hat sich von einem holländischen Lkw-Fahrer einen Teddy gewünscht", erzählt er und schiebt ein Bild auf den Tresen, "der Fahrer kam so": abgebildet ist ein Mann mit einem Ganzkörper-Teddy-Kostüm. Kalli Bläsing grinst und sagt: "Natürlich hat der Mann ein paar Freibier bekommen."

(RP)
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