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Sommer-Interview (1) "Der Fußball hat enorme integrative Kraft"

Dormagen · Der neue Vorsitzende André Heryschek will mit dem TuS Germania den Stadtteil Hackenbroich weiter voranbringen.

 André Heryschek möchte den TuS Germania Hackenbroich zum Stützpunktverein für das Programm "Integration durch Sport" machen.

André Heryschek möchte den TuS Germania Hackenbroich zum Stützpunktverein für das Programm "Integration durch Sport" machen.

Foto: ssc, salz

Herr Heryschek, Ende März haben Sie den jahrzehntelangen "Mister Germania Hackenbroich", Hans Sturm, als Vereinschef abgelöst. Sind Sie in dessen große Schuhe schon hinengewachsen?

André Heryschek Hans Sturm hat ein bestelltes Feld hinterlassen und den Verein solide geführt. Das merkt man, und das macht es mir leichter. Ich muss hier keine Brände löschen, sondern kann den Verein nach vorne entwickeln. Ein starkes Führungsteam und starke Abteilungsleiter unterstützen mich dabei.

Wie waren denn die ersten Monate als erster Mann auf der Kommandobrücke?

Heryschek Vieles ist nicht ganz neu für mich, ich kenne ja die Strukturen beim TuS Germania, habe lange Jahre hier Fußball gespielt und auch Judo gemacht. Schon seit einem Jahr kümmere ich mich nun um den Bereich Integration und die Sponsorenakquise, Haushaltspläne sind mir aus meiner Ratsarbeit auch bekannt, zudem bin ich Verwaltungs-Betriebswirtschaftler. Ich teile mir die Hauptaufgaben aber ohnehin mit Hans Dick. Er kümmert sich um das operative Geschäft, ich bin vor allem für die Visionen zuständig, wobei ich mich auch bei der Leitung von Fußballangeboten in die Pflicht nehmen lasse.

Was sind sportlich Ihre nächsten Ziele mit dem TuS Germania Hackenbroich?

Heryschek Wir werden zur neuen Saison alle Fußball-Jugendmannschaften besetzen. Binnen eines Jahres haben wir fünf neue Teams gebildet. Wir suchen noch Trainer und Betreuer, die wir gerne auch qualifizieren. Bei der ersten Mannschaft freuen wir uns über die Rückkehr von Tim Rubink aus der Oberliga vom SC Kapellen. Wir werden künftig einen guten Mix aus jungen und erfahrenen Akteuren haben. Perspektivisch peilen wir wieder die Bezirksliga an, aber die Kreisliga ist kommende Saison stark besetzt. Und in der Turnabteilung von Heike Porting streben wir neue Angebote im Eltern-Kind-Turnen und im Seniorensport an.

Der TuS Germania hat sich zuletzt als Integrationsverein Nummer 1 in Dormagen etabliert. Hat sich das so ergeben oder war das gezielt geplant?

Heryschek Das war geplant. Von unserem Selbstverständnis her sind wir schon seit Jahrzehnten ein Integrationsverein, der seine gesellschaftliche Verantwortung ernst nimmt. Früher waren es Zuwanderer vom Balkan, jetzt haben wir Syrer, Eritreer, Iraner, Iraker und Kubaner. Wir sprechen auch Straßenfußballer an, ob sie bei uns kicken wollen. Bei der Flüchtlingsarbeit ist Bernd Miebach ganz vorne mit dabei, außerdem Alex Frania, Hans Dick, Stefan Geier, Andy Dziggel und mein Cousin Nils Heryschek. Das Gemeinschaftsgefühl beim Fußball hat eine unheimlich große integrative Kraft.

Was planen Sie im Bereich Eingliederung als nächstes?

Heryschek Wir möchten Stützpunktverein für das Programm "Integration durch Sport" werden. Das läuft über den Kreissportbund, verantwortlich ist der Landessportbund. Verbunden wäre das mit einer finanziellen Förderung für unsere Integrationsarbeit. Wir würden unsere Sprachkurse mit zurzeit zehn Jugendlichen gerne zu einer Lernhilfe weiterentwickeln. Von der könnten dann auch einheimische Kinder profitieren. Zum Programm "Integration durch Sport" gehört ebenfalls der Erfahrungsaustausch mit anderen Vereinen, der ist fast wertvoller als das Geld. Unterm Strich geht es darum, Strukturen zu schaffen, die dem Stadtteil Hackenbroich insgesamt zugute kommen. Bildungsarbeit ist über den Sport einfacher zu realisieren als Projekte "auf der grünen Wiese".

Wie wichtig ist der von Ihnen gewünschte Multifunktionsraum?

Heryschek Sehr wichtig, weil uns für unsere Angebote Platz fehlt und wir an unsere Kapazitätsgrenzen stoßen. Wir haben zum Beispiel Fitnessgeräte, aber keinen Raum dafür. Im Stadtrat wurde unser Antrag einstimmig angenommen, nun muss die Bezirksregierung ihr Einverständnis geben. Unsere sportliche Infrastruktur muss auch im Außenbereich an unser erweitertes Sportangebot angepasst werden, damit wir unsere engagierte inhaltliche Arbeit aufrecht erhalten können und der Nutzungsintensität gerecht werden. Wir kümmern uns u.a. immerhin um 40 Flüchtlinge und haben zur nächsten Saison zwölf Mannschaften in der Fußballabteilung.

Wie begegnen Sie Skeptikern dieser Flüchtlingsarbeit im Verein?

Heryschek Die kritischen Stimmen, die es am Anfang auch gab, sind verstummt, als wir in den Austausch mit den Migranten gekommen sind. Ein 19-jähriger Iraner spielt jetzt in der ersten Mannschaft, auch in der Zweiten kicken nun Syrer und Eritreer mit. Und in der Dritten überwiegen zwar die Neu-Dormagener, doch künftig machen neben mir als Spielertrainer zwei weitere Einheimische mit. Zudem nehmen die Migranten am Vereinsleben teil, kommen zum Zuschauen bei den Jugend- und bei den Seniorenteams.

Sie werden bald Vater. Müssen Sie da nicht bei der Vereinsarbeit künftig kürzer treten?

Heryschek Das muss sich sicher einspielen, aber ich glaube, dass meine Frau und ich beim Zeitmanagement gut aufgestellt sind.

STEFAN SCHNEIDER STELLTE DIE FRAGEN

(NGZ)
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