Dormagen "Demografie ist Chefsache"

Dormagen · Interview Morgen ist Peter-Olaf Hoffmann ein Jahr Dormagens Bürgermeister. Vorweg sprach die NGZ mit ihm über das erste Jahr im Amt, Pläne und Perspektiven, Entlastung und evd, Sparkurs und Silbersee.

 Morgen vor einem Jahr trat der Stürzelberger Peter-Olaf Hoffmann seinen Dienst als Bürgermeister der Stadt Dormagen an.

Morgen vor einem Jahr trat der Stürzelberger Peter-Olaf Hoffmann seinen Dienst als Bürgermeister der Stadt Dormagen an.

Foto: Hans Jazyk

Herr Hoffmann, das Amt des Bürgermeisters kannten Sie schon vor ihrer Wahl im vergangenen Jahr – war das erste Jahr diesmal schwieriger?

Hoffmann Es ist völlig anders. Der Bürgermeister war früher ehrenamtlich tätig und repräsentierte hauptsächlich. Heute ist er auch Chef der Verwaltung mit beinahe 800 Mitarbeitern. Das ist eine große Aufgabe. Es bleibt zu wenig Zeit, strategisch vorauszudenken.

Sie sprechen vom operativen Tagesgeschäft. Führen Sie die Verwaltung wie ein Unternehmen?

Hoffmann Ich war 17 Jahre in einem Wirtschaftsunternehmen tätig, zehn als Geschäftsführer. Der Unterschied: Nun muss jede Entscheidung vor dem Rat und der Öffentlichkeit gerechtfertigt werden. Alle Seiten wollen informiert werden. Vielleicht ist das im vergangenen Jahr nicht immer so gut gelungen.

Was ist im ersten Jahr gelungen?

Hoffmann Die größte Leistung ist zweifellos der Doppelhaushalt, den ich mit Kämmerer und Koalition hinbekommen habe – damit haben wir in kritischer Situation Gestaltungsspielräume erhalten, und das längerfristig. Außerdem wurde das Bahnhofskonzept vorangetrieben.

Welches Thema brennt Ihnen besonders unter den Nägeln?

Hoffmann Unsere Hauptaufgabe wird sein, uns auf die demografische Entwicklung einzustellen. Das ist Chefsache. Ich habe bereits eine Stabsstelle hierfür eingerichtet, die sich darum kümmert und von der Gleichstellungsbeauftragten Kerstin Belitz geführt wird. In Zukunft soll der Gesamtbereich vom Hauptausschuss verantwortet werden.

Sie wollen Menschen nach Dormagen holen – was muss dazu passieren?

Hoffmann Wir brauchen einen besseren öffentlichen Nahverkehr. Und wir brauchen Arbeitsplätze in unmittelbarer Umgebung. Familien suchen Schulen, Sport, Kultur und Vereine in der Nachbarschaft.

Stichwort Arbeitsplätze. Sie wollen neue Gewerbegebiete.

Hoffmann Wir werden für den Kohnacker-Vorstoß geprügelt, aber dieser Standort ist gar nicht meine erste Wahl. Die Kohnacker-Initiative hat für Gesprächsbereitschaft bei RWE gesorgt: Dass RWE das Filetstück auf dem Silberseegelände behält, um so eventuell ein Kraftwerk bauen zu können, ist inakzeptabel.

Das politische Klima in Dormagen war zuletzt von Streit geprägt. Jetzt herrscht Burgfrieden – warum?

Hoffmann Weil die Menschen solche Auseinandersetzungen nicht akzeptieren. Es war weder sachlich noch öffentlich förderlich. Die Entscheidungen, die bald anstehen, sollte man nicht in Konfrontation treffen. Die Opposition muss Luft zum Atmen haben, wenn sie zur vernünftigen Sacharbeit bereit ist.

Sie haben gesagt, dass Sie Entlastung brauchen. Was macht das Auswahlverfahren für die Dezernentenstelle?

Hoffmann Von ursprünglich 48 Bewerbern, einigen aus Dormagen, sind nach der Runde mit neun Kandidaten drei übrig geblieben. Die Koalition hat die SPD zu den Bewerbungsgesprächen eingeladen.

Glauben Sie, dass der Zeitplan rund um die neue Stelle durch die Eingabe der Zentrums-Fraktion an das Verwaltungsgericht beeinflusst wird?

Hoffmann Nein. Ich gehe davon aus, dass der Hauptausschuss am 28. Oktober über die Personalie entscheidet. Unserer Meinung nach hat der Antrag keine Erfolgschance.

Passt die neue Stelle eigentlich zum straffen Sparkurs der Stadt?

Hoffmann Die Besetzung erfolgt wie angekündigt kostenneutral. Es werden frei werdende Stellen nicht neu besetzt und Aufgaben umverteilt.

Hat die Stadt nicht zu viel Personal?

Hoffmann Nein. Die Verwaltung ist bereits schlank besetzt. Es werden immer mehr hoheitliche Aufgaben auf die Kommune übertragen. Konkret müssen wir in naher Zukunft sieben neue Stellen einrichten, um dem Rettungsbedarfsplan des Kreises gerecht zu werden.

Die evd soll zu viel kassierte Beiträge zurückzahlen – der richtige Schritt?

Hoffmann Ich sehe keine zu viel gezahlten Beiträge. Die Kunden sind immer fair behandelt worden. Die Dinge sind doch noch gar nicht ausgefochten. Ich verstehe, dass die evd nicht aufgrund eines amtsgerichtlichen Urteils zahlt und in Berufung geht. Das trage ich auch mit.

Finden Sie die Preispolitik korrekt?

Hoffmann Der Bundesgerichtshof hat Preisanpassungsklauseln für unwirksam erklärt. Die evd hat ihre Klauseln daraufhin 2008 angepasst. Was die Preise betrifft: Da herrscht ein verzerrter Wettbewerb zugunsten von freien Anbietern, die nicht Grundversorger sein müssen.

Die evd-Gewinne dienen aber auch der Subvention defizitärer Betriebe – sinnvoll?

Hoffmann Das ist notwendig. Zum einen können wir Steuern sparen, indem wir die Gewinne für Verluste anderer Betriebe verwenden. Zum anderen würden für den Nahverkehr in Dormagen mehrere Millionen fehlen. Der ÖPNV lässt sich nicht kostendeckend attraktiver machen.

Heiko Schmitz, Jens Krüger und Marcus Hammes führten das Gespräch.

(NGZ)
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