Dormagen Delrather Künstler legt Finger in die Wunden

Dormagen · Der Maler Willi Janßen thematisiert in einer Ausstellung in der Stadtbibliothek den oft beklagenswerten Zustand der Welt.

 Der Delrather Künstler Willi Janßen (M.), umrahmt von Büchereimitarbeiterin Ingrid Fleckenstein und Laudator Eduard Breimann, bei der Vernissage zu seiner Ausstellung in der Stadtbibliothek.

Der Delrather Künstler Willi Janßen (M.), umrahmt von Büchereimitarbeiterin Ingrid Fleckenstein und Laudator Eduard Breimann, bei der Vernissage zu seiner Ausstellung in der Stadtbibliothek.

Foto: Stadt

Man könnte meinen, Willi Janßen wolle den Betrachter auf den Leim führen. Kunterbunt sind viele der zum Teil großformatigen Werke, die der Maler aus Delrath seit dem Wochenende in der Stadtbibliothek Dormagen zeigt, geradezu fröhlich wirken viele der Farben. Wer jedoch ein wenig aufmerksamer hinschaut, der erkennt schnell: Zum Lachen ist es keineswegs, was Janßen da ins Blickfeld des Betrachters rückt. Denn es geht um Missstände, um Not, sogar um körperliche Gewalt. Massenvergewaltigungen in Indien sind dem Künstler ebenso ein Bild wert wie das Thema Umweltzerstörung, auch die Schicksale der vielen Flüchtlinge auf der Welt treiben ihn um. Folgerichtig lautet der Titel der Schau "Bilder gegen die Ungerechtigkeit".

Als einen der Laudatoren zur Vernissage hatte Willi Janßen einen Freund gewonnen: den Lokalhistoriker und früheren Deichgräf Eduard Breimann. Zwei Bilder in der aktuellen Ausstellung in der Stadtbibliothek griff Breimann heraus, um den Gästen bei der Vernissage das künstlerische Schaffen seines Freundes deutlich zu machen: "Der Schattenmann", in dem das Ausnutzen männlicher Machtpositionen und die Herabwürdigung von Frauen zum Ausdruck gebracht wird. Und das erst vor kurzem fertiggestellte Bild "Umweltverschmutzung", bei dem eine passiv wirkende Person vor qualmenden Schloten und gedankenlos entsorgtem Müll untätig und ohnmächtig auf die Knie fällt.

Breimann hob in seiner Ansprache das soziale Engagement von Willi Janßen hervor, der zur Vernissage von seiner Frau Petra Halver-Janßen begleitet worden war. Der Künstler dokumentiert seine menschenfreundliche Einstellung nicht nur durch seine Werke, sondern auch durch ehrenamtliches Engagement. 2014 hatte er die Malgruppe "Die Quermaler" gegründet, in der sich Teilnehmer mit und ohne Behinderung gemeinsam kreativ betätigen können; Janßen fungiert dort als Mentor und hatte Breimann zur Unterstützung angeworben. Einige Mitglieder der "Quermaler", die sich regelmäßig beim Netzwerk "Alte Apotheke" an der Kölner Straße treffen, waren in die Stadtbibliothek gekommen, ebenso Mitglieder der Gruppe "Liebenswertes Delrath", der Janßen ebenfalls angehört. Auch die städtische Gleichstellungsbeauftragte Anja Stephan war unter den Besuchern. Dormagens stellvertretender Bürgermeister Michael Dries beleuchtete bei der Ausstellungseröffnung in seiner Ansprache den nicht immer einfachen und mehrfach veränderten Lebensweg von Willi Janßen. Der Vorsitzende des städtischen Kulturausschusses, Karl Kress, stellte unterdessen besonders das Gemälde "Holocaust" heraus, das Willi Janßen mit ihm und anderen Vertretern von Dormagen der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf vermacht hatte. Im Anschluss stellte sich Janßen den Fragen der Anwesenden. Seine Bilanz des Abends fiel rundum positiv aus. "Ich bin gerührt über die Begrüßungsreden", sagte er. "Sie haben mir Mut gemacht für das weitere kritische Malen. Ich will auch künftig der Welt den Spiegel der Ungerechtigkeiten vorhalten. Das bin ich mir, meinem Selbstverständnis und den Betrachtern der Gemälde schuldig."

(ssc)
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