Dormagen Delrath - bald ohne Arzt?

Dormagen · Gewerbegebiet Kohnacker, RWE-Gastank, Autobahnanschluss Delrath – der Bürgerinitiative des Ortes hat zuletzt auf vielen Schlachtfeldern gekämpft. Nun droht auch noch dem letzten Supermarkt und der letzten Ärztin das Aus.

Dr. Marion Eßer (48), Allgemeinmedizinerin aus Delrath, vergleicht ihre Praxis gerne mit einem Tante-Emma-Laden, der sich im Wettbewerb mit machtvollen Supermarktketten behaupten muss. Im Kampf um Patienten sei sie als Einzelkämpferin machtlos gegen die zu Gesundheitszentren verschmelzenden Gemeinschaftspraxen. „Wenn sich im Laufe dieses Jahres nichts ändert, muss ich die Praxis schließen“, sagt die Ärztin, die sich mit Abnehmkursen über Wasser hält. Insbesondere im vergangenen Jahre habe sie mit einem Patientenrückgang zu kämpfen gehabt. „Ich sitze offensichtlich an der falschen Stelle“, sagt Eßer und klagt darüber, dass das wachstumsstarke Nievenheim den Nachbarort geradezu niederdrückt.

Für Delrath wäre das Aus der Arztpraxis der nächste herbe Schlag. Erst vorgestern hatte Elisabeth Fuchs, Betreiberin des Edeka-Marktes, angekündigt, möglicherweise schließen zu müssen, wenn ein neuer Lebensmittelmarkt wie geplant an der Bismarckstraße in Nievenheim hochgezogen wird: „Eigentlich wollte ich meinen Verttrag 2012 noch einmal um fünf Jahre verlängern“, hatte Elisabeth Fuchs gesagt. Ob das noch wirtschaftlich umsetzbar sein, werde sich zeigen müssen.

Droht Delrath zu einem sterbenden Ort zu werden? Blickt man auf die demografische Studie, die die Stadt Mitte vergangenen Jahres veröffentlicht hat, könnte das passieren. Dormagen schrumpft, und Delrath trifft es besonders hart. Bis zum Jahr 2025 wird die Bevölkerung des Ortes um 19 Prozent abnehmen; die Delrather werden dann Schätzungen zufolge nach den Ückerathern (52 Jahre), Delhovenern (52 Jahre) und Nievenheimern (51 Jahre) mit durchschnittlich 50 Jahren die ältesten Dormagener sein.

Doch wie kann der Trend gestoppt werden? Peter Jacobs von der Bürgerinitiative Lebenswertes Delrath vermisst neue Baugebiete im Ort – und schießt scharf gegen die Stadtverwaltung: „Delrath scheint auf der Abschussliste der Stadtspitze zu stehen“, grantelt er. Verlautbarungen der Stadt, wonach jeder Dormagener fußläufig in seinem Wohnumfeld Grünflächen und Erholung finden solle, passten nicht mit der Planung von Gewerbegebieten überein. Dabei wären die Grundstückspreise in Delrath sowie die S-Bahn-Anbindung an umliegende Großstädte wie Düsseldorf oder Köln ein Pfund. Bauland für junge Familien könnte der Überalterung entgegen wirken. Die Politik, meine Jacobs, sei gefordert, Delrath zu entwickeln und nicht abzuwickeln.

Ärztin Marion Eßer will sich die Entwicklung noch eine Weile anschauen. Zur Not, sagt sie, müsse sie sich selbst einer Gemeinschaftspraxis anschließen.

(NGZ)
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