Analyse Das Unbehagen der Politiker

Dormagen · Diskussionsbedarf nach der Ankündigung des Ratsherrn Gerd Sräga, seine SPD zu verlassen und mit seinem Mandat die FDP-Fraktion zu verstärken

Am Donnerstagabend im Stadtrat hatte das Ratsbüro sitztechnisch schon das vollzogen, was personell-optisch noch nicht umgesetzt werden konnte: der Wechsel des Ratsherrn Gerd Sräga von der SPD zur FDP. Der dritte bereitgestellte Platz in der FDP-Reihe neben den beiden Chefs Karlheinz Meyer (Fraktion) und Torsten Günzel (Partei) blieb leer, da Sräga krankheitsbedingt absagen musste.

Srägas Entschluss, aus der SPD auszutreten, sein Direktmandat allerdings zu behalten und sich als Parteiloser der FDP anzuschließen, hinterlässt parteiübergreifendes Unbehagen und viele Verlierer. Dass ein Parteiaustritt als Entscheidung respektiert wird, darüber besteht Einigkeit. Schwieriger fällt da die Bewertung, ob das Ratsmandat dem Politiker "gehört", der es in seinem Wahlkreis in Zons I geholt hat, oder doch der Partei, für die er angetreten ist. Die SPD verweist nicht zu Unrecht darauf, dass das für sie überraschend gute Wahl-Ergebnis in der CDU-Hochburg Zons 2014 vor allem mit der zeitgleichen Bürgermeisterwahl und dem noch besseren Ergebnis ihres Kandidaten Erik Lierenfeld zu tun hatte. Sräga ist da anderer Meinung. Empirisch nachgewiesen werden kann keine Sicht auf die Wählerentscheidung. Die SPD fordert das Mandat zurück, muss sich jedoch auch fragen, warum sich Sräga bei ihr nicht mehr wohlgefühlt hat oder ob es rein taktische Wechsel-Gründe waren.

Denn es kommt im Stadtrat auf jede Stimme an: Jetzt stehen den 21 Stimmen von SPD (15), Grüne (3) und Piraten/Linke (2), Bürgermeister-Stimme (1) nun 22 Stimmen des selbst so bezeichneten "bürgerlichen Bündnisses" aus CDU (16), Zentrum (3) und FDP (3) entgegen. Dazu kommen die beiden Einzelratsmitglieder, von denen sich Markus Roßdeutscher gerade von der AfD zu Alfa orientiert hat. Da könnte nun einfach(er) eine Blockade-Haltung eingenommen werden. Die schnelle Reaktion auf die Haushaltseinbringung mit einem abgestimmten Text von CDU/Zentrum/FDP war nur ein Vorgeschmack auf künftige Gemeinsamkeiten. Die wechselnden Mehrheiten, mit denen Bürgermeister Erik Lierenfeld im Rat eine möglichst breite Mehrheit für die beste Idee gewinnen möchte, sind nicht unmöglich, aber schwieriger geworden.

Trotz des Stimmengewinns im "bürgerlichen" Lager hält sich die CDU eher bedeckt und bricht nicht in Jubelstürme aus, weil sie jetzt alleinige stärkste Fraktion ist. Und das nicht nur, weil sie 2014 haarscharf an einem Verlust vorbeigeschrammt ist. Damals trat Ralf Höppe aus und gab sein über die Reserveliste erhaltenes Mandat zurück.

Geschickt lässt sie die FDP die Argumente mit denen austauschen, die von "Abwerbung" und "gezieltem Machtkampf" reden. Ganz geheuer kann den Christdemokraten die Lage aber nicht sein. Dafür verwundert die Art und Weise, mit der die FDP Srägas Übertritt, das Zustandekommen des Wechsels und damit sich selbst als Motor feiert. Dass daran Kritik geübt wird, muss sie sich gefallen lassen.

(NGZ)
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