Dormagen Das Naturparadies von Gohr

Dormagen · Der Erftverband hat den Durchfluss des Lühbendengrabens unter dem Grenzweg von Gohr und Neuenbaum freigemacht. Das von Landschaftswarten gepflegte Areal hat sich zu einem Tier- und Pflanzenparadies entwickelt.

 Werner Döhring und Rolf Wörhoff (r.) vor dem Amphibienlaich- und Vogelbrut-Gebiet am Lühbendengraben.

Werner Döhring und Rolf Wörhoff (r.) vor dem Amphibienlaich- und Vogelbrut-Gebiet am Lühbendengraben.

Foto: h. jazyk

Wie auf einer interstellaren Luftautobahn rasen die Bienen im Landschaftsschutzgebiet am Lühbendengraben an den Köpfen der Eindringlinge vorbei. Rolf Wörhoff (73), ehemaliger Schulleiter am Gymnasium Norf, und Werner Döring vom Verein Wildtierpflege und -schutz stehen vor dem ehemaligen Viehunterstand und inspizieren die Lage. Rolf Wörhoff, der einen grauen Seemannsbart trägt, lässt den Blick schweifen und sagt schließlich: "Wir haben hier alte Obstsorten angepflanzt: Zwetschgen, Wildbirne, Wildapfel, Schlehe, Mispel, Kirsche."

Seit Ende der 80er-Jahre wird Sümpfungswasser aus dem Braunkohle-Tagebau in das Schutzgebiet am Lühbendengraben nördlich der ehemaligen Gohrer Kläranlage eingeleitet und von Hand so reguliert, dass das Wasser den Grenzweg nicht überschwemmt und den landwirtschaftlichen Verkehr nicht behindert. Der Verein für Wildtierpflege und -schutz hat dort ein rund ein Hektar großes Amphibienlaich- und Vogelbrut-Gebiet angelegt, dass sich seitdem prächtig entwickelt hat. Und dieser Prozess könnte sich künftig noch beschleunigen: Der Erftverband hat den Durchfluss des Lühbendengrabens unter dem Grenzweg zwischen Gohr und Neuenbaum freigemacht. Rohre schaffen die Verbindung — mit einem positiven Nebeneffekt: Das in den Lühbendengraben einfließende Wasser verteilt sich nördlich über ein ehemaliges Sumpfgebiet, auf dem sich in den vergangenen Jahren die sehr widerstandsfähige Japanknöterich-Staude ausgebreitet hatte. Die unliebsame Pflanze soll durch Versumpfen zerstört werden.

Es ist auch das Verdienst der Landschaftswarte, dass das Areal zu einem Naturparadies gewachsen ist. Rolf Wörhoff ist das Gebiet besonders ans Herz gewachsen: "Ich bin hier geboren, das war mein Spielplatz", sagt er. Einst sei das Areal sogar ein Moor gewesen. Inzwischen haben seltene Vogelarten wie Pirol, Teich- und Sumpfrohrsänger, Eisvogel oder Feldschwirl den Lühbendengraben als ihr Zuhause auserkoren, auch Grasfrosch oder Erdkröte leben an dem mit Schilf bewachsenen Flussbett. Für die Identifizierung der Vögel ist Werner Döring zuständig. Er beschäftigt sich seit Jahren mit Ornithologie. Einmal, als Rolf Wöhrhoff eine Kassette mit Vogelstimmen im Auto hat laufen lassen, hatte sich Werner Döring gleich hektisch umgesehen, um den Vogel zu suchen. Beide müssen jetzt lachen. Rolf Wörhoff wird dagegen ernst, wenn er sagt, dass er sich mehr Naturerziehung in der Schule wünsche. Er wirkt jetzt ein wenig, als fürchte er, dass auch das Wissen über die Tier- und Pflanzenwelt aussterben könnte. In der Familie hat er bereits Schritte dagegen unternommen. "Für jeden Enkel habe ich einen Obstbaum angepflanzt."

(NGZ)
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