Dormagen Bürger nach Moscheeschändung im Dialog

Dormagen · Vier Stunden lang tauschten sich gestern Amtsträger, Politiker, Vertreter verschiedener Glaubensrichtungen und Bürger vor dem Historischen Rathaus über die Vielfalt in der Stadt aus. Hintergrund waren die rechtsradikalen Schmierereien.

Frauen aus dem Moscheeverein diskutierten mit Dormagenern über den Moscheebau, ihren Glauben und über Fremdenfeindlichkeit.

Frauen aus dem Moscheeverein diskutierten mit Dormagenern über den Moscheebau, ihren Glauben und über Fremdenfeindlichkeit.

Foto: LINDA HAMMER

Die fremdenfeindlichen Schmierereien, mit denen in den vergangenen Wochen zweimal der Moschee-Rohbau an der Roseller Straße verunstaltet wurde, lassen die Dormagener nicht kalt. Gestern nutzten geschätzt rund 300 Männer und Frauen den von Bürgermeister Erik Lierenfeld, Moscheeverein und Kirchen initiierten Bürgerdialog vor dem Historischen Rathaus, um sich über die Vielfalt in der Stadt auszutauschen. Darunter Hans und Ria Schürmann, die sich fürs Projekt "Nachbarschaftlich Wohnen in Dormagen" (Nawodo) engagieren. "Wir haben uns den Termin vorgemerkt, das Thema bewegt uns", sagte Hans Schürmann. Schließlich gehe es auch bei Nawodo um Vielfalt. Er hoffe, auch das Interesse von Migranten für Nawodo wecken zu können.

 Hauptkommissar Michael Meyer (l.) diskutiert mit Martin Voigt (SPD).

Hauptkommissar Michael Meyer (l.) diskutiert mit Martin Voigt (SPD).

Foto: Hammer, Linda (lh)

Mehmet Güneysu, der Vorsitzende des Integrationsrates, hatte seinen Arbeitsplatz in Düsseldorf extra früher verlassen, um teilnehmen zu können. Miteinander ins Gespräch kommen bringe mehr als eine Kundgebung, urteilte Güneysu. Er hoffe, Ängste und Bedenken zerstreuen zu können, vor allem bei verunsicherten Menschen. "Auch bei Pegida gibt es nicht nur Rechtsaußen. Wir bieten alles an, um Frieden zu gewährleisten, das ist unsere gesellschaftliche Verantwortung." Jorgos Flambouraris, Inhaber der Citybuchhandlung und seit 32 Jahren in Deutschland, betonte, dass "die rechtsradikalen Schmierereien nicht nur etwas mit Türken zu tun haben". Es gehe insgesamt um Minderheiten. Da müsse Aufklärungsarbeit geleistet werden.

Pfarrer Peter Stelten von der Katholischen Kirchengemeinde St. Michael Dormagen-Süd lobte die Besonnenheit, mit denen die Gespräche geführt werden: "Das tut uns in der jetzigen Situation gut." Ein Beispiel dazu: Frauen aus dem Moscheeverein und aus der katholischen Kirchengemeinde standen unter dem weißen Zelt, das auf dem Rathausvorplatz aufgebaut worden war, zusammen und pflegten den freundlichen Dialog. Stelten hält es für wichtig, sich auch mit der eigenen Religion auseinanderzusetzen. "Wenn ich meine Religion drauf habe, kann ich auch besser mit Vertretern anderer Glaubensrichtungen in Dialog treten."

Bürgermeister Lierenfeld freute die angenehme Gesprächsatmosphäre.

Bürgermeister Lierenfeld freute die angenehme Gesprächsatmosphäre.

Foto: Hammer, Linda (lh)

"Es werden teilweise sehr intensive Gespräche geführt", stellte Stadtsprecher Harald Schlimgen fest. Man habe sich bewusst für ein niederschwelliges Angebot entschieden, damit sich viele Leute beteiligen könnten. Bürgermeister Lierenfeld zeigte sich mit der Resonanz auf den Bürgerdialog sehr zufrieden: "Ich bin froh, dass so viele Menschen hier in angenehmer Atmosphäre miteinander diskutieren." Er lobte die Bandbreite der Gespräche: "Ich habe heute über viele unterschiedliche Themen gesprochen: über Glaubensunterschiede und Gemeinsamkeiten von Islam und Christentum, über Sicherheitsaspekte und Anregungen, wie das Miteinander der Kulturen noch verbessert werden kann." Eines ist für den Bürgermeister klar: "Religion darf keine Entschuldigung für Terroristen sein, Gewalttaten und Morde zu begehen. Das gilt für Isis genauso wie für die IRA." Von seiten der CDU erntete Lierenfeld für sein Notfallmanagement beim Umgang mit den Schmierereien ein Lob.

(NGZ)
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