Fachleute aus Dormagen Lesetipps gegen die Lockdown-Langeweile

Dormagen · Anlässlich des Welttags des Buches am 23. April sagen Experten aus Dormagen, in welche Bücher sich ein Blick aktuell besonders lohnt. Denn Lesen ist auch während der Corona-Pandemie immer möglich.

 Chiara Arndt, Auszubildende bei der Mayerschen Buchhandlung, zeigt ihre Lese-Favoriten.

Chiara Arndt, Auszubildende bei der Mayerschen Buchhandlung, zeigt ihre Lese-Favoriten.

Foto: Melanie Zanin (MZ)

„Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne“, fand schon Schriftsteller Jean Paul. Das Gute am Lesen ist, dass man auch in Zeiten des Lockdowns nicht damit aufhören muss. Egal, ob bei Regenwetter auf dem Sofa oder in der Sonne auf dem Balkon – mit einem guten Buch lässt es sich auch kontaktbeschränkt gut aushalten. Anlässlich des Welttags des Buches am Freitag, 23. April, haben wir Lesetipps von Buchhändlern und der Stadtbibliothek zusammengestellt.

  • Gefühle und Beziehungen

Chiara Arndt von der Mayerschen Buchhandlung an der Kölner Straße legt „Fritz und Emma“ von Barbara Leciejewski (Ullstein Verlag) an Herz. Es geht um die Pfarrersfrau Marie, die ihrem Mann zuliebe in ein kleines Dörfchen zieht, obwohl sie die Stadt liebt. Dementsprechend unzufrieden ist sie mit ihrem Leben dort, bis sie die (überwiegend älteren) Bewohner des Ortes kennenlernt und feststellt, dass einige von ihnen diverse Geheimnisse verbergen. Als sie herausfindet, dass die ältesten Bewohner des Dorfes, Fritz und Emma, seit 70 Jahren nicht mehr miteinander gesprochen haben und eigentlich mal heiraten sollten. Marie nimmt sich also vor, die beiden wieder zu versöhnen und stellt dabei so einiges auf die Beine, was ein abgelegenes Dorf voller mürrischer Bewohner in eine wunderschöne Nachbarschaft verwandelt. „Ein richtiger „Feel Good“-Roman, in dessen Geschichte man einfach versinken kann“, findet Chiara Arndt.

Mit „Glückliches Ende“ von Isaac Rosa, Liebeskind Verlag, empfiehlt Buchhändler Jorgos Flambouraris von der City-Buchhandlung eine Liebesgeschichte, die in ungewöhnlicher Weise beschrieben ist. Sie beginnt mit der Trennung von Angela und Antonio und wird rückwärts erzählt bis zum Beginn ihrer Liebe, die von Träumen und Hoffnungen geprägt war. „Es ist eine etwas tragische Geschichte zweier Menschen, die Opfer ihrer Zeit in der Weltwirtschaftskrise werden und deren Leben sich anders entwickelt als erhofft“, erzählt Flambouraris. „Es ist ein psychologisch anspruchsvoller, toller Roman.“

„Monschau“ von Steffen Kopetzky (Rowohlt Berlin) ist ein Roman, der zwar in den sechziger Jahren spielt, aber einen erstaunlich aktuellen Bezug hat. Tatsächlich hatte es damals in der Eifel eine Epidemie gegeben: ein Mitarbeiter der Rither-Werke hatte das Pocken-Virus von einer Indien-Reise mitgebracht. Kopetzky verknüpft die Realität mit Fiktion, lässt eine Liebesgeschichte zwischen dem angereisten griechischen Arzt und der jungen Erbin der Firma entstehen. „Das Lebensgefühl der Zeit wird sehr gut dargestellt, die Geschichte ist sehr schön und unaufdringlich erzählt“, so Flambouraris, „außerdem ist sie wegen der Geschichte um das Virus ganz aktuell.“

„Dorfroman“ von Christoph Peters (Luchterhand Verlag) handelt von den Kindheits- und Jugendjahren in einem fiktiven Dorf am Niederrhein. „Einfühlsam und packend erzählt der Autor von den inneren Zerreißproben eines jungen Mannes und eines ganzen Dorfes. Es ist der große Roman über den turbulenten Aufbruch in jene Bundesrepublik, in der wir heute leben“, meinen die Mitarbeiter der Stadtbibliothek in ihrer Empfehlung.

 Buchhändler Jorgos Flambouraris zeigt, welche Bücher sich aus seiner Sicht aktuell zu lesen lohnen.

Buchhändler Jorgos Flambouraris zeigt, welche Bücher sich aus seiner Sicht aktuell zu lesen lohnen.

Foto: Melanie Zanin (MZ)
  • Spannung und Thrill

Buchhändler Flambouraris empfiehlt „Die stillen Gefährten“ von Laura Porcell, erschienen im Fester Verlag. „Bei diesem Buch handelt es sich um eine viktorianische Geistergeschichte, die im Jahr 1866 in England spielt“, erklärt der Buchhändler. Die junge Elsie heiratet einen reichen Erben, Rupert, und glaubt, mit der Hochzeit an die Erfüllung all ihrer Träume eines privilegierten Lebens. Doch wenige Wochen nach der Hochzeit stirbt Rupert und lässt die nun schwangere Elsie zurück. „Es ist ein super spannendes Buch, das zu einem Schauerroman wird, aber mit einer sich langsam entwickelnden Geschichte, die toll erzählt wird.“

Wer Psycho-Duelle und eine überraschende Handlung mag, sollte „Darling Rose Gold“ von Stephanie Wrobel (List) lesen, meint Buchhändlerin Arndt. Es geht um Rose Gold, ein Mädchen, welches seit ihrer Geburt unter schweren Krankheiten litt, nie das Haus verlassen hat und immer von ihrer Mutter Patty gepflegt wurde. So lautet zumindest die Geschichte. Als Patty nun fünf Jahre später aus dem Gefängnis wegen Kindesmisshandlung, d.h. Vergiftung ihrer eigenen Tochter, kommt, wird sie von Rose Gold abgeholt, die die liebende Tochter mimt. Was Patty nicht ahnt: ihre Tochter verfolgt einen ganz eigenen Racheplan... „Ein spannendes Duell von zwei mitreißenden Charakteren“, so Arndt.

Mit „Die Harpyie“ von Megan Hunter (C.H. Beck) empfiehlt Arndt „einen Roman, der unter die Haut geht und der vor allem die Spannung bis zur allerletzten Seite aufrechterhält“. Als Lucy erfährt, dass ihr Mann sie betrügt, beschließen beide eine Abmachung, um ihre Beziehung zu retten. Lucy hat nun die Möglichkeit, Jake dreimal zu bestrafen. Wann dies eintreten wird und in welcher Form, bleibt ganz ihr selber überlassen. So entsteht eine Abwärtsspirale, in der Seiten in Lucy erwachen, die schon immer in ihr geschlummert haben.

  • Krimi

Die Bibliothekare empfehlen „Inspektor Takeda und die Stille der Schuld“ (ATB-Verlag). Bei einem Brand in einer Seniorenresidenz gibt es Hinweise auf ein Verbrechen, die auf den neu eingesetzten Pflegeroboter Lisa und ihren Erbauer hindeuten. Der fünfte Band um den japanischen Ermittler Ken Takeda, der sich in einem polizeilichen Austauschprogramm in Hamburg befindet, sei spannend und vermittle auf amüsante Art Aspekte der japanischen Kultur, findet das Team um Bibliotheksleiterin Claudia Schmidt.

  • Für Jugendliche

Flambouraris schlägt die Trilogie „Pheromon“ vor. Die Bücher spielen im Jahr 2018 und 2118, in denen jeweils ein Protagonist mithilfe einer Organisation versucht, die Menschheit vor außerirdischen Bedrohungen zu retten. „Ähnlich wie in ‚Die Tribute von Panem’ haben die Leute unterschiedliche Fähigkeiten und schließen sich zusammen, denn nur gemeinsam können sie den Untergang verhindern.“ Der erste Band heißt: „Sie riechen dich“ und ist bereits als Taschenbuch bei Carlsen erschienen.

Arndt legt ein Buch von Julia Dippel nahe: „Cassardim 1 – Jenseits der goldenen Brücke“ (Planet! Verlag). Amaia und ihre Familie leben zwar in der Menschenwelt, doch ist ihnen allen klar, dass sie irgendwie anders sind. Zum Beispiel hat Amaia vor kurzem zum sechzehnten Mal ihren 16. Geburtstag gefeiert. Als nun Noar auftaucht und ihnen einen Weg aus der Menschenwelt ermöglicht, erfährt Amaia Dinge über sich und ihre Familie, die alles verändern. Das Urteil von Chiara Arndt: „Ein fantastischer Fantasy-Roman für Jugendliche, der den Leser sofort in die Geschichte zieht. Ganz klare Leseempfehlung!“

Die Stadtbibliothek hat einen Sommerroman für alle, die selbst gern schreiben, vorrätig: „Sonnengelb & Tintenblau oder Der Sommer, in dem ich zu schreiben begann“, von Barbara Zoschke (Ueberreuter Verlag). In der Geschichte verbringt die 13-jährige Edith Ferien im Landhotel ihrer Oma. Dort erreichen sie geheimnisvolle Brief mit Schreibaufträgen. „Die perfekte Kombination aus Roman und Kreativbuch für alle, die gern schreiben wollen“, so die Bewertung der Bibliotheks-Mitarbeiter. In den Sommerferien bietet die Stadtbibliothek einen Schreibworkshop für Teilnehmer ab 10 Jahren mit der Autorin an.

  • Sachbuch

In diesem Bereich legt Flambouraris einen Titel von Helge Hesse ans Herz: „Die Welt neu beginnen. Leben in Zeiten des Aufbruchs 1775-1799“. Anhand von zeitgenössischen Darstellern wie George Washington, Marie Antoinette oder Johann Wolfgang von Goethe erzählt der Autor von diesem recht kurzen Zeitraum, in dem die Grundlagen des modernen Westens entstanden sein sollen. „Es geht darum, was übrig geblieben ist, welche Fundamente und Werte geschaffen wurden und schlägt eine Brücke zur heutigen Zeit. Sehr interessant“, so Flambouraris.

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