Thema der Woche Beim Klimaschutz fehlen in Dormagen noch die Leitplanken

Meinung | Dormagen · Vieles geschieht in Dormagen zum Schutz von Umwelt und Klima. Es gibt Konzepte, Initiative, Projekte – es fehlt das Verbindende und das Messbare. Wie viel bringt welche Maßnahme? Und wann?

Greta Thunberg und ihren weltweiten Mitstreitern sei Dank. Umwelt- und Klimaschutz sind „in“. Die Aktivisten lassen sich von klimapolitischen Beruhigungspillen nicht beeindrucken, machen weiter Dampf und haben geschafft, dass auch im Haushalt von Otto Normalverbraucher über die Verwendung von Plastikbeuteln, Wattestäbchen und Ökostrom diskutiert wird. Die Klimawende ist auf breiter Fläche lokal angekommen.

Das nimmt die in die Pflicht, die aufgrund ihres Jobs und ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit die Steuerungsmöglichkeiten haben: die Manager der Unternehmen im Chempark, die für 44 Prozent der CO2-Emissionen in Dormagen verantwortlich sind (Stand 2007), die Rathaus-Experten und die heimische Lokalpolitik. Die Frage ist: Wo steht Dormagen klimatechnisch, was wird getan, was ist noch zu tun?

Wer auf der städtischen Internetseite stöbert, ist ganz angetan von den vielfältigen Maßnahmen und Projekten, die angestoßen worden sind. Es gibt ein Klimaschutzkonzept, auf den Dächern öffentlicher Gebäude sind Photovoltaikanlagen installiert, beim Stadtradel-Wettbewerb lassen besonders viele Dormagener das Auto stehen, Dormagen nimmt am European Energy Award-Wettbewerb teil und hat natürlich auch ein „Solar- und Gründachpotenzialkataster“. So weit, so gut. Nur: Was genau bringt das? Welche messbaren Ergebnisse resultieren daraus? Ein Beispiel: Das Klimaschutzkonzept wurde 2010 erstellt. Die Datenbasis dafür stammt von 2007 – das ist zwölf lange Jahre her. Wie aktuell sind die Daten von damals noch? Ermittelt wurden 421.000 Tonnen CO2, das einer durchschnittlichen Pro-Kopf-Emission von 6,6 Tonnen für jeden Dormagener entspricht. Sind es heute weniger oder mehr? Was wurde unternommen, um darauf einzuwirken, dass der 44-prozentige Anteil des Chemparks reduziert wird?

Die Grünen wollen einen ökologischen Sporthallen-Neubau. Lobenswert. Die SPD spricht sich gegen Steinwüsten in Vorgärten und für Blührandstreifen an Ackerflächen aus. Ebenso richtig. Die Innenstadtgastronomen investieren in wiederverwertbare Becher für den Kaffee „to go“. Auch prima. Leider fühlt man sich ein wenig an ein großes „Klima-Puzzle“ erinnert. Es wird einiges getan, aber so richtig weiß der Bürger nicht, wo es lang geht. Es fehlt die Gesamtschau und der zugegebenermaßen zu oft benutzte Begriff des „Masterplans“.

Zumindest ist es das Thema wert, unter Einbeziehung von Fachleuten Klima- oder Öko-Ziele für verschieden lange Zeiträume zu entwickeln, die auch umsetzbar sind. Wenn man sieht, wie unglaublich engagiert viele Bürger sich bei den Rhein Clean-up-Aktionen engagieren, dann ist es nicht verwegen zu behaupten, der Dormagener hat „Bock auf Umwelt“. Es braucht Leitplanken. Aber kein Parteiengetöse, dafür Kreativität und einen Gestaltungswillen für einen breiten Konsens in der Bürgerschaft.

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