Dormagen BBZ - Sprungbrett für junge Migranten

Dormagen · Am Berufsbildungszentrum wird es bald eine weitere Internationale Förderklasse geben - die vierte seit Februar.

Udo Hentrich war wahrscheinlich fast genauso erfreut wie seine Schülerin. Die junge Syrerin legte dem für die Internationalen Förderklassen zuständigen Bildungsgangleiter am Berufsbildungszentrum Dormagen (BBZ) am ersten Tag nach den Sommerferien ein Schreiben vor: Die Absichtserklärung einer großen Versicherungsgruppe, der Syrerin einen Ausbildungsplatz anzubieten, sobald sie die Fachoberschulreife erlangt hat. Bei einem Praktikum in den Ferien hatte sie ganz offensichtlich einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Hentrich und seine Lehrerkollegen am BBZ wollen ihrer Schülerin diese große Chance natürlich unbedingt bewahren - "auch wenn uns das ein paar Schweißperlen auf die Stirn treibt", wie der Bildungsgangleiter leicht scherzhaft zugibt. Denn der Nachweis der Fachoberschulreife ist selbst für begabte junge Migranten kein Pappenstiel; sie dorthin zu führen, verlangt auch den Pädagogen erhebliche Anstrengungen ab.

Dennoch: Diese Art Herausforderung nehmen am BBZ nicht nur die Schüler aus den Internationalen Förderklassen gerne an, sondern auch deren Lehrer. Zumal die Syrerin keineswegs ein Einzelfall ist. "20 unserer Schüler aus Krisenländern haben in den Ferien ein Praktikum absolviert, acht davon sind mit einem Ausbildungsangebot zurückgekommen", erzählt der stellvertretende Schulleiter Ralf Weber. Eine Quote, auf die das BBZ-Team wahrlich stolz sein kann, auch wenn Weber solche Zahlen nur in aller Bescheidenheit kommuniziert. Denn die Internationalen Förderklassen, von denen die ersten drei im Februar den Unterricht aufnahmen (die vierte wird wohl in Kürze gebildet), waren völliges Neuland an der Schule.

Dabei galt es nicht nur, das große Gefälle beim (Vor-)Bildungsniveau zu berücksichtigen, sondern auch die gänzlich unterschiedliche Ausgangslage bei den Sprachkenntnissen der 16- bis 18-Jährigen aus Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten, aber zum Beispiel auch aus Bulgarien. "Einige sind als Analphabeten zu uns gekommen", erinnert sich Udo Hentrich. Womit es laut Hentrich und Weber überhaupt keine Probleme gibt, sind Respekt und Wertschätzung. Der Umgang mit den Schülern aus den Krisenregionen sei von großer Höflichkeit und Aufmerksamkeit geprägt. Und von beidseitig hoher Motivation. Die Schüler wollen vorwärtskommen, das Lehrerkollegium sei überaus engagiert, wie der stellvertretende Schulleiter Ralf Weber betont. Er nennt zwei Beispiele. Lehrerin Laura Couson, die am für den Kreativbereich zuständig ist, habe mit Schülern aus den Förderklassen an fünf Tagen in den Sommerferien einen Klassen- und einen Kellerraum neu und optisch freundlich gestaltet. Udo Hentrich habe ebenfalls in den Ferien sämtliche Einrichtungen besucht, in denen seine Schützlinge untergebracht seien. Sie hätten es ihm mit viel Herzlichkeit gedankt, sagt Hentrich.

Zudem hatte das BBZ in der ersten Woche der großen Ferien ein Grillfest für die Internationalen Klassen organisiert.

(NGZ)
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