Dormagen Bald Live-Übertragung aus dem Stadtrat?

Dormagen · Piraten-Politiker Rafael Kazior möchte schon bald politische Sitzungen im Internet übertragen lassen. Die großen Fraktionen unterstützen den Vorstoß. In den Haushaltsberatungen soll die finanzielle Machbarkeit diskutiert werden.

 Womöglich gibt es schon bald die Möglichkeit, Ratssitzungen live zu Hause oder unterwegs zu verfolgen. Für einen entsprechenden Antrag sollen jetzt die Kosten geprüft werden.

Womöglich gibt es schon bald die Möglichkeit, Ratssitzungen live zu Hause oder unterwegs zu verfolgen. Für einen entsprechenden Antrag sollen jetzt die Kosten geprüft werden.

Foto: Linda Hammer

Mehr Beteiligung und Interesse der Bürger am lokalen Politikgeschehen - das haben sich alle Parteien auf ihre Wahlkampffahnen geschrieben. Der erste mutige Vorstoß in diese Richtung kommt von der Fraktionsgemeinschaft Piraten/Die Linke, die Live-Übertragungen aus Rats- und Ausschusssitzungen fordert. Was in Neuss und Kaarst gescheitert ist, könnte in Dormagen Wirklichkeit werden.

Der Antrag wurde im Stadtrat durchaus positiv aufgenommen und soll im Rahmen der Haushaltsberatungen behandelt werden. Offenbar geht es weniger um grundsätzliche Bedenken als vielmehr ums Geld: Die Stadt schätzt die Kosten für Hard- und Software auf 10 000 Euro.

Redebeiträge und Diskussionen aus dem Rat oder von spannenden Tagesordnungspunkten im Planungs- oder Sportausschuss - live nach Hause auf Computer oder Tablet übertragen - eine Vision, die für Rafael Kazior, den jungen Vorsitzenden der Fraktionsgemeinschaft, dringend Realität werden muss: "Gerade junge Menschen als auch Menschen mit Behinderungen können so über alltägliche Mittel an Ratssitzungen teilnehmen.

Oder Politikinteressierte, die es nicht schaffen, in der Sitzung dabei zu sein, können diese terminunabhängig zu Hause schauen." Solche Liveübertragungen dienten auch, so Kazior, der Verbesserung politischer Beteiligung und zeigten, wie politische Entscheidungen zustande kommen.

In Kaarst waren solche Live-Übertragungen vor zwei Jahren ein großes Thema. Doch die Politik konnte sich letztlich nicht dazu durchringen. In Neuss erteilte Bürgermeister Herbert Napp dem Live-Streaming eine Absage. Vor anderthalb Jahren machte er eine Umfrage unter 62 Ratsmitgliedern, von denen sich rund ein Drittel gegen eine Live-Übertragung aus dem Ratssaal aussprach.

Ganz anders in Städten wie Düsseldorf, Essen (Übertragung sogar in HD-Qualität), Wuppertal oder Bonn, wo Live-Übertragungen längst üblich sind. Im Düsseldorfer Rat zeigt die Kamera nur den jeweiligen Redner am Pult. "Wer nicht im Bild zu sehen sein möchte, von dem wird nur der Ton übertragen", sagt Manfred Blaszyck, stellvertretender Leiter des Presseamts.

"Das ist aber die Ausnahme." Vor zwei Jahren wurde in Bonn der Live-Stream eingeführt. 4000 Euro wurden in die Ausstattung investiert, jährlich kommen rund 1000 Euro Personalkosten hinzu. Aus Datenschutzgründen werden dort die Sitzungen nicht im Internet gespeichert und vor jeder Sitzung muss jedes Mitglied seine Zustimmung für die Übertragung geben. In Essen läuft der Live-Stream seit vergangenem Jahr. "In der ersten Sitzung hatten wir über 2000 Zugriffe", sagt Michael Wolf, Online-Experte im Rathaus. "Das hat nachgelassen, aber die Rückmeldungen sind positiv, weil sich viele einen bestimmten Tagesordnungspunkt in Ruhe zu Hause ansehen können."

Dass der Antrag nicht sofort positiv beschieden wurde, schmerzt Kazior nicht: "Dass CDU und SPD dem Thema im Prinzip zugestimmt haben, ist ein großes Zeichen dafür, dass wir uns mit diesem Antrag nicht falsch positioniert haben", sagt der Pirat. Er hofft auf eine Umsetzung zunächst als Pilotprojekt.

(NGZ)
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