Dormagen Auf Kontrollgang unter den Straßen der Stadt

Dormagen · Die NGZ hat zwei Mitarbeiter der Stadtentwässerung bei einer Tour durch das Kanalnetz begleitet. Rund 270 Kilometer müssen sie warten.

 Uwe Kremer ist stellvertretender Meister der Stadtentwässerung und für den Kanalbetrieb zuständig. Regelmäßige Kontrollen gehören dazu.

Uwe Kremer ist stellvertretender Meister der Stadtentwässerung und für den Kanalbetrieb zuständig. Regelmäßige Kontrollen gehören dazu.

Foto: berns

Der Eingang in die Dunkelheit von Dormagen liegt verdeckt hinter einer Buschformationen an der St.-Peter-Straße. Michael Raczkowiak (41), Mitarbeiter der Stadtentwässerung, steht an der Brüstung des Regenrückhaltebeckens und zieht an seiner Zigarette. Mithilfe einer Kurbel, die an einem grellgrünen Metallgalgen befestigt ist und aussieht wie die riesige Rolle einer Hochseefischerangel, lässt er seinen Kollegen den Abgrund hinab. Vier Meter tiefer löst Uwe Kremer (49) klackernd den Karabiner von seinem Sicherheitsgeschirr und sagt lakonisch: "Die Kanäle müssen eben monatlich gereinigt und kontrolliert werden."

Kremer ist als stellvertretender Meister bei der Stadtentwässerung für den Kanalbetrieb zuständig und macht den Job seit 26 Jahren. Der gelernte Maurer, der eine orangefarbene Sicherheitskluft mit Leuchtstreifen trägt, drückt auf den Knopf seines Sauerstoffmessers. Ein durchdringendes Piepsen tönt aus dem Gerät, das ausschaut wie ein Miniaturradio aus blauem Plastik. Dann stapft er den trichterförmigen Betonpfad auf das schwarze Loch zu. Uwe Kremer knipst seine Lampe an, macht einen Schritt nach vorne.

Stationiert sind die sieben Mitarbeiter der Technischen Betriebe an der Kläranlage in Rheinfeld. Schlosser, Maurer, Elektriker — die Kenntnisse der Beschäftigten, die sich neben der Kanalisation um die Grünanlagen kümmern, müssen vielfältig sein. In Neubaugebieten etwa werden die Kanäle kontrolliert. "Dafür benutzen wir einen Disco-Nebel", sagt Kremer. Quillt der Dampf aus den Dachrinnen, ist alles in Ordnung; sickert er aus den Lüftungen, liegt etwas im Argen.

Aus der ersten Fuge des Kanalnetzes in St. Peter sprießt wie zum Trotz ein Löwenzahn. Uwe Kremer ist längst tief in der runden Kanalwelt aus Beton verschwunden. Was, wenn es jetzt anfängt zu regnen? "Wenn es richtig kesselt, dauert es 30 Minuten, bis sich das Rohr hier füllt", sagt der 49-Jährige. Kontrolliert wird das steinerne Netzwerk über 22 Pumpstationen. "Eine Störung im Leitungssystem bekommen wir direkt aufs Handy übermittelt", sagt Kremer beruhigend.

Von einem Gulli in der Decke hängen staubige Spinnenweben herunter. Es ist düster und laut, jeder Tritt hallt dumpf und seltsam verstärkt durch die Röhren. Etwa zehn Zentimeter dick sind die Rohre, die die Kraft des Wassers aushalten müssen, wenn das Wasser durch die Gullis in den Kanal sickert. "Der Durchmesser variiert zwischen 25 Zentimetern und 2,50 Meter", erklärt Uwe Kremer.

Zur Not reinigen die Mitarbeiter der Technischen Betriebe Dormagen (TBD) auch Hausanschlüsse. "Mit einem Hochdruckspüler wird Wasser mit 150 bar durch den Kanal gespült", erklärt Kremer. 400 Liter fasst der Tank des weißen VW-Transporters, mit dem er und seine Kollegen unterwegs sind.

Das Licht seiner Lampe flackert an der Röhre hin und her wie ein unruhiger Geist. In einem Seitenarm des Kanals werden die Röhren enger: "Es gibt Kanäle, da kommt nur noch ein Kamerawagen oder ein Roboter rein", sagt Uwe Kremer. Am Ende des Tunnels glimmt plötzlich ein heller Punkt. Noch ein paar Meter. Das Tageslicht scheint auf Uwe Kremers orangefarbene Hose. Es leuchtet ungewöhnlich hell.

(NGZ/rl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort