Dormagen Atmosphärische Dichte beim Festival Alte Musik

Dormagen · Romanische Nacht mit "Ars Choralis Coeln" kam gut an.

Die romanische Nacht beim Festival Alte Musik Knechtsteden machte mit einer uralten Bewegung bekannt, die weitgehend vergessen ist. Die Devotio moderna, die neue Frömmigkeit, die sich am Vorabend der Reformation von den Niederlanden ausgehend vor allem auch im Rheinland verbreitete, war Wegbereiter kirchlicher und weltlicher Erneuerung. Sie schöpfte aus den Quellen der christlichen Mystik und lud den Einzelnen ein, sich in das Leben Jesu ohne mönchisch-klösterliche Bindung zu versenken.

In den Liederhandschriften, unter anderen der Anna von Köln oder dem Wienhäuser Liederbuch, wurden die Texte neben dem Lateinischen auch in den Muttersprachen Niederländisch und Deutsch überliefert. Sie waren in Knechtsteden bei der Frauenschola "Ars Choralis Coeln" (ACC) und ihrer kreativen Leiterin Maria Jonas in den denkbar besten Händen. "O guter Jesus, sei bei uns", sangen die Frauenstimmen in der Westapsis der Klosterbasilika, bevor sie unter Begleitung von Fidel, Flöte und Trommel durch den Mittelgang der prächtigen Kirche zum Altar zogen. Von der Klangfarbe her repräsentiert ACC das Optimum an Choralgesang: Wie eine Stimme klingen die reinen Soprane. Gleichwohl macht Wechselgesang zwischen Solo und Tutti die oft langen Texte farbiger. Das machte besonders Hallelujavers und Sequenz "O dulcissime Jesu" zu einer wirkungsvollen Interpretation, Glockenschläge beim "Kyrie - Ghod is ghecomen" wirkten oft im langen Nachhall der Basilika massiv, beeinträchtigten den Gesang jedoch nicht.

Die Begleitung von Fidel (Susanne Ansorg), Harfen (Uta Kirsten und Amanda Simmons), Trommel (Pamela Petsch) und unterschiedlichsten Flöten (Lucia Mense) bereicherte viele Male die reinen Gesangsvorträge. Instrumentale Zwischenspiele, unter anderem aus dem "Codex Paradiese", trugen zur dichten und kontemplativen Atmosphäre des Abends ebenso bei. Diese Atmosphäre unterstrichen auch die ruhig schreitenden Bewegungen der Damen in langer schwarzer Robe. Verhaltener Tanz prägte auch das Ende, nachdem "der Streit der Heiligen vorüber" war.

Der lang anhaltende Applaus führte zu gleich zwei Zugaben, dabei passte das "Caritas" der Hildegard von Bingen - obgleich nicht vorbereitet - kongenial zur neuen Frömmigkeit.

(nima)
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