Dormagen An Dormagener Straßen überlebt das scharfe "s"
Dormagen · Schloßstraße und -platz, Haselnußweg, Roßlenbroichstraße - trotz Rechtschreibreform gibt es auf Schildern noch alte Schreibweisen.
Sie war eine der umstrittensten Neuerungen in der Geschichte der Bundesrepublik, und wahrscheinlich hat keine andere für soviel Verwirrung, Hickhack und Ärger gleichzeitig gesorgt wie die Rechtschreibreform. Während mittlerweile viele Menschen verunsichert sind und sich oft nur mithilfe des Dudens mühsam den Weg durch den Regel-Dschungel bahnen können, hat sich zumindest eine Änderung weitgehend in den Köpfen festgesetzt, weil diese Vereinbarung zu denen gehört, die man sich relativ leicht merken kann: Das scharfe "s" (ß) folgt nur noch auf lang gesprochene Vokale wie zum Beispiel das "a" in "Maßnahme", das "o" in "Soße" oder das "u" in "Fuß" oder "Gruß". In Dormagen aber (und fairerweise muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass dies in vielen anderen Städten genauso ist) hat das "ß" punktuell bislang auch da überlebt, wo es streng genommen nicht mehr hingehört.
Gemeint sind die Schreibweisen auf einigen Straßenschildern. Denn in Zons gibt es nach wie vor den Schloßplatz und die Schloßstraße, in Gohr den Haselnußweg und in Stürzelberg die Roßlenbroichstraße. Dabei hatte die Kultusministerkonferenz schon vor vielen Jahren gefordert, dass auch Straßennamen auf Schildern mittelfristig nach den neuen Rechtschreibregeln geschrieben werden müssen; auch die Gesellschaft für Deutsche Rechtschreibung ist der Auffassung, dass die 2006 in Kraft getretenen Neuregelungen zur Deutschen Rechtschreibreform auf Straßennamen zu übertragen ist. Die Kommission für deutsche Rechtschreibung empfiehlt Städten ebenfalls, die Straßennamen anzupassen.
In Dormagen indes gilt offenbar der Grundsatz: Wo kein Kläger, da kein Richter. Ute Waldeck von der städtischen Pressestelle ist mit der Straßennamen-Frage immer konfrontiert, wenn sie an einer neuen Bürgerbroschüre für Dormagen arbeitet. "Aber seitens der Stadtplanung ist bislang stets an den alten Schreibweisen festgehalten worden - mit der Begründung, dass der Stadtrat die Namen einst so beschlossen hat", berichtet Waldeck. Die Beschlüsse waren allerdings vor der Rechtschreibreform gefasst worden. Heißt: Sie müssten geändert werden. "Dazu bedürfte es aber eines offiziellen Änderungsbeschlusses durch die Politik", sagt Waldeck. Dieser könnte zum Beispiel auf Initiative der Stadtverwaltung gefasst werden.
Derzeit ist ein solcher Schritt aber nicht in Sicht. Waldeck hat eine Vermutung, woran das liegen könnte. "Nach meiner Einschätzung wollen die Bürger eine solche Änderung gar nicht", sagt Waldeck. Vor allem ältere Menschen hätten keinen Zugang zu den Regeln der Rechtschreibreform: "Sie schreiben auch "dass" weiterhin mit "ß", wo das früher so vorgesehen war - weil sie es eben so gelernt haben." Viele seien auch der Ansicht, dreimal der selbe Konsonant hintereinander (wie in Schlossstraße) sähe "einfach komisch aus", sagt die Stadtsprecherin.
Auf jeden Fall überdauern wird in Zukunft das scharfe "s" in der Franz-Faßbender-Straße in Delhoven. Denn eine Änderung von Eigennamen sieht die Rechtschreibreform nicht vor. Franz Faßbender war von 1961 bis 1969 Gemeindebürgermeister.