Tödlicher Massenunfall bei Dormagen A57-Brand: Bis heute keine Spur vom Täter

Dormagen · Vor zwei Jahren starb nach einer Brandstiftung unter der Autobahnbrücke bei einem Massenunfall ein Mensch. Die Ermittlungen werden nicht mehr vorangetrieben. Psychologin Sabine Nowara: "Täter können mit der Schuld leben."

Februar 2012: Toter bei Massenunfall auf A57
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Februar 2012: Toter bei Massenunfall auf A57

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Heute Nacht jährt sich zum zweiten Mal der Massenunfall auf der A 57-Brücke, bei dem vom 13. auf den 14. Februar ein Toter und 13 Verletzte zu beklagen waren. Zwei Jahre, in denen die schrecklichen Ereignisse kurz nach Mitternacht unvergessen geblieben sind. Weil es das schwerste Unglück in den vergangenen Jahre in Dormagen war.

Und vor allem weil es bis heute keine heiße Spur zu dem oder den Tätern gibt, um sie für die Brandstiftung zur Verantwortung zu ziehen. Im Kriminalkommissariat 11 der Polizei in Neuss ist aktuell kein Beamter mehr mit dem Fall befasst. "Es sind seit längerem keine Hinweise mehr eingegangen", räumt Staatsanwalt Matthias Ridder ein.

Massenunfall A57 - der Tag danach
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Ob der Täter je gefasst wird, steht in den Sternen. Bekannt ist nur die Ursache: Unbekannte hatten unter der Brücke am Ernteweg einen Stapel mit Kunststoffrohren angezündet, wahrscheinlich mit Brandbeschleuniger. Es gab eine schwere Rauchentwicklung, die die darüber liegenden Fahrbahnen binnen kürzester Zeit einhüllten.

Sie nahmen den Auto- und Lastwagenfahrern komplett die Sicht. 21 Fahrzeuge fuhren in der Rauchwand ineinander. Ein 29-Jähriger aus Jüchen starb. Die Brandstiftung löste ein Chaos aus: Während unter der Brücke die Feuerwehr Dormagen den Brand löschte, trafen über ihnen Rettungswagen an der Unfallstelle ein. Die Folgen waren gravierend: Ein Mensch starb, die Brücke wurde so erheblich beschädigt, dass sie letztlich abgerissen werden musste und durch teure Behelfsbrücken ersetzt wurden; wochenlang war diese stark befahrene Strecke gesperrt.

Mit Hochdruck setzte die Fahndung der Polizei ein. Zeitweise arbeiteten mehr als 20 Kriminalbeamte an der Aufklärung. Ohne Erfolg. "Es gab und gibt keinen konkreten Tatverdacht, der zu einer vorläufigen Festnahme führte", sagt Staatsanwalt Ridder. Obwohl die Kriminalpolizei Hinweisen in einer "dreistelligen Zahl" nachging und auch Fahnder des Landeskriminalamtes eingeschaltet waren und den Tatort mittels 3D-Technik aufzeichneten — den entscheidenden Durchbruch gibt es bis heute nicht. Auch als im vergangenen Jahr eine Gruppe von Jugendlichen vor dem Amtsgericht Neuss in den Fokus geriet, gab es letztlich keine konkreten Anhaltspunkte.

Pech für die Fahnder: Das Feuer zerstörte mögliche, täterrelevante Beweise. Und nun? "Wir bleiben natürlich am Ball", so Ridder. "Gibt es Hinweise, gehen wir ihnen nach." Eine höhere Belohnung als die bislang von der Staatsanwaltschaft ausgelobten 1500 Euro wird es nicht geben. Ridder: "Wir gehen nicht davon aus, dass eine Erhöhung der Summe etwas bewirken würde." Hoffnungen der Polizei, bei dem oder den Tätern werde mit der Zeit der Druck so hoch oder es kommt der entscheidende Tipp aus dem Umfeld, erfüllten sich nicht.

"Wir erleben bei Straftätern immer wieder, dass sie den vermeintlichen Leidensdruck nicht haben wie andere", sagt Sabine Nowara, Rechtspsychologin und Honorar-Professorin an der Uni Köln. "Sie können damit über Jahrzehnte leben. Es werden psychische Mechanismen entwickelt, die das Schuldbewusstsein unterdrücken." Andere tragen eine schwere Last mit sich und machten irgendwann reinen Tisch, so Nowara, die als forensische Sachverständige auch für das NRW-Justizministerium arbeitet. "Wir bewegen uns natürlich im Bereich von Hypothesen und Mutmaßungen. Denn erst, wenn man den Täter kennt, lässt sich etwas Konkreteres, auch zu den Gründen sagen."

Sie glaubt, dass es sich bei der Tat um einen "Streich" gehandelt habe, bei dem "keinesfalls davon ausgegangen wurde, dass daraus ein solcher Massenunfall entsteht. Das Entsetzen über die Auswirkungen wird bei den Beteiligten sehr groß gewesen sein."

(NGZ)
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