Dormagen-Zons 25 Musikanten drehen ihre historischen Leierkästen

Dormagen · Das 17. Drehorgelfest rund um das Kreismuseum erfreute wieder zahlreiche Besucher in der Altstadt von Zons.

Musik liegt in der Zonser Luft zu Pfingsten. Ulli Wimmer entlockt seiner Walzendrehorgel erst den "Lustigen Hannoveraner", dann Melodien aus der Kálmán-Operette "Gräfin Mariza". Das Instrument stammt aus dem Jahre 1888, 50 Jahre jünger ist die Stiftwalze, auf der mit feinen Metallhäkchen die Melodien "aufgeschrieben" sind. "Auf jeder Walze war immer ein Marsch, ein Choral, Tanzmusik und ein Gassenhauer, den jeder mitsingen konnte", erzählt Wimmer, Betreiber des Bergischen Drehorgelmuseums in Marienheide und ein Liebhaber des Leierkastens.

So wie die 25 anderen Musikanten, die beim 17. Internationalen Drehorgelfestival ihre historischen Schätzchen erklingen ließen. Von Beginn an dabei: Francien und Jos Joosten aus Uden in den Niederlanden, die in Tracht mit ihren Vodièka-Orgeln am Rheintor die Besucher begrüßen. "Da war Blümchen noch ganz jung", erinnern sich die beiden im Gespräch mit Heiner Spicker an die Premiere 1985. Die 2009 verstorbene Museumsleiterin Helene Blum-Spicker war es, die das Festival ins Leben rief.

Heute versammelt es so wunderbar restaurierte Instrumente wie kaum ein anderes Treffen in Europa, sagt Raphael Lüthi. Der Orgelbauer und Restaurator aus Waldkirch ist mit 39 Jahren eine Ausnahme in der Szene. "Das ist einfach nicht die Musik der jungen Leute", vermutet Ulli Wimmer. Bedienen indes kann die Drehorgel jeder, "das ist nicht so schwierig", meint Lüthi. Das Drehen der Kurbel beeinflusst allerdings das Tempo der Musik. "Ein guter Drehorgelspieler dreht eckig, nie rund", so Lüthi. Noch bis in die 1930er Jahre waren Leierkastenmänner die Unterhaltungsmusiker, sie zogen durch Straßen und Hinterhöfe. "Acht Lieder etwa waren auf einer Walze", erklärt Lüthi. Wurden neue Melodien populär, ließ man die Walzen "überstiften", also quasi neu programmieren.

Mario Rensch aus Düsseldorf ist begeistert von der Musik, ärgert sich aber über Autos in der Altstadt: "Uns wurde gerade fast der Po abgefahren, warum kann man nicht in den Stunden, wo hier Musik gemacht wird, absperren?" Zur nostalgischen Atmosphäre trug die stilgemäße Kleidung der Drehorgelspieler bei. Der Krefelder Rainer Scharl trägt Knickerbocker, weißes Hemd und hellbraune Lederweste. "Eine Bacigalupo, der Mercedes unter den Drehorgeln", verweist er auf die edle Herkunft seines Instruments. Und weil so ein Schätzchen bis zu 30.000 Euro kostet, werden alle Leierkästen in der Mittagspause im Museum aufgereiht und bewacht.

(-fg)
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