Stadtentwicklung in der Corona-Krise Bauvorhaben stoppen: Zoff um die Idee

Dinslaken · Gegen den Vorschlag, wegen der Corona-Krise große Projekte in Dinslaken auszusetzen, erhebt sich wilder Protest. Tenor: Gerade in Krisen müsse investiert werden. Bürgermeister-Kandidatin Michaela Eislöffel meldet sich zu Wort.

 Der Bahnhof in Dinslaken. Der Umbau des Geländes gehört zu den großen Projekten, die die Wählergemeinschaft UBV vorerst auf Eis legen würde. Dafür scheint sich aber keine Mehrheit zu finden, im Gegenteil: Es hagelt Kritik.

Der Bahnhof in Dinslaken. Der Umbau des Geländes gehört zu den großen Projekten, die die Wählergemeinschaft UBV vorerst auf Eis legen würde. Dafür scheint sich aber keine Mehrheit zu finden, im Gegenteil: Es hagelt Kritik.

Foto: Zehrfeld

Aus dem Vorschlag der Dinslakener Wählergemeinschaft UBV, Großvorhaben nicht wie geplant anzustoßen, wird wohl nichts werden. Es sei denn, die politische Konkurrenz im Rathaus käme noch zu einer vollständigen Kehrtwende. Denn die großen Fraktionen im Stadtrat, CDU und SPD, haben über die Idee bildlich gesprochen die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und scharfe Kritik geäußert. Auch die Grünen und Bürgermeisterkandidatin Michaela Eislöffel lehnen den Vorstoß ab.

Die Wählergemeinschaft UBV hat wie berichtet beantragt, einige prägende Projekte in Dinslaken vorläufig auszusetzen. Gemeint waren der Umbau des Bahnhofs-Umfeldes, die Herrichtung des Wasserturms am Zechengelände und die Neugestaltung von Althoffstraße und Eppinghovener Tor.

Die CDU nennt das „rückwärtsgewandt“ und sogar „brandgefährlich“. „Das Aussetzen der Baumaßnahmen wäre ein fatales Zeichen an die lokale Wirtschaft, an die Handwerker und Bauunternehmen, aber vor allem verunsichert der UBV-Vorschlag die Mitarbeiter dieser Firmen“, schreibt Heinz Wansing, Vorsitzender der CDU-Fraktion. „Es geht schlicht und einfach um Arbeitsplätze.“ Zudem würde man auf Fördergelder in Millionenhöhe verzichten, die – so ihre Meinung – später nicht mehr zur Verfügung stehen würden.

Die UBV wehre sich ohnehin gegen Fortschritt in der Stadt, hält Wansing ihr vor. „Hätte die UBV sich immer durchgesetzt, dann würde am Neutorplatz noch immer die Hertie-Ruine stehen, und die Innenstadt hätte sich nicht so positiv entwickelt.“ Womöglich wolle die UBV bloß den Umbau des Bahnhofsareals, den sie immer kritisiert hat, „unter dem Deckmantel der Corona-Epidemie“ doch noch verhindern.

Die SPD führt Zahlen ins Feld: Investitionen hätten „finanzpolitische Vorteile“ für den Haushalt der Stadt. von den insgesamt rund 21,75 Millionen Euro, die für die genannten Projekte veranschlagt werden, würde die Stadt nur einen Eigenanteil von 7,4 Millionen Euro tragen. Über einen Zeitraum von 30 Jahren würde das jährlich 247.000 Euro ausmachen. „Das ist nur ein Bruchteil im Verhältnis zu den zu erwartenden Belastungen durch die Corona-Pandemie und wird den Haushalt daher nicht nennenswert entlasten“, so die Meinung der Sozialdemokraten. Dagegen stehe die „Preisgabe von 14,4 Millionen Euro Fördergeldern“. Die UBV habe den Überblick „offensichtlich vollkommen verloren“.

Weniger angriffslustig, aber doch ablehnend melden sich die Grünen zu Wort. Selbstverständlich stelle die Situation „eine nie dagewesene Belastung“ für Bürger, Wirtschaft und den städtischen Haushalt dar. Aber bei kommunalen Bauvorhaben kämen die Ausgaben „in weiten Teilen regionalen Unternehmen zugute“, argumentieren sie. „Ein Investitions-Stopp würde zu weiteren Unsicherheiten führen und wäre jetzt genau das falsche Zeichen für die Menschen in Dinslaken“, so Sprecherin Laura Bieder. Um stattdessen „Einsparpotenziale“ im Haushalt zu finden, könnte man die Gemeindeprüfungsanstalt um Rat fragen, schlagen die Grünen vor.

So wie auch Michaela Eislöffel, gemeinsame Bürgermeisterkandidatin von Grünen und CDU. „Ich würde die Gemeindeprüfungsanstalt beauftragen, eine fundierte Analyse des städtischen Haushaltes mit dem Fokus auf mögliche und sinnvolle Einsparungen zu erstellen“, erklärt sie. Das könne dann „mit Blick auf sinnvolles Handeln für das Gemeinwohl diskutiert und umgesetzt werden“.

Was alle Kritiker unisono betonen: In Krisen müsse die öffentliche Hand erst recht investieren, um die Wirtschaft zu unterstützen. Und sie alle wollen ausdrücklich eine „Verunsicherung“ der Leute vermeiden.

Die UBV hat auf die Ablehnung bereits reagiert. Es werde wohl vergessen, „dass auch staatliche Fördergelder aus von den Bürgern erwirtschafteten Steuergeldern finanziert werden“, so der Fraktionsvorsitzende Heinz Brücker. „Außerdem wird übersehen, mit welchem Prozentsatz heimische Firmen an der Ausführung städtischer Baumaßnahmen beteiligt sind.“ Die UBV bedauere außerordentlich, derartige Differenzen ausgelöst zu haben. Man habe „auf ein gerade in dieser schweren Zeit gebotenes Miteinander gehofft“.

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