Rinder auf Streuobstwiesen in Voerde Warum Wölfe auch für Biotope eine Gefahr sind
Voerde · Birgit Benninghoff hält auf ihren Streuobstwiesen in Voerde Galloway-Rinder. Sollte es einen Wolfsangriff geben, wäre dies das Aus für ihre kleine Herde und den Schutz eines einzigartigen Stücks Kulturlandschaft.
Der Wolf ist nach den jüngsten Angriffen auf Schafsherden in Dinslaken und Hünxe ins Fadenkreuz der Politik geraten. Wolfsbefürworter wie der Nabu-Kreisvorsitzende Peter Malzbender liegen über Kreuz mit geschädigten Schafshaltern. Doch nicht nur diese sehen Wölfe als problematisch an, wie aus einem Leserbrief von Birgit Benninghoff aus Voerde hervorgeht. „Der Wolf hat seinen Stellenwert in unserer Natur und seinen Platz in der Wildnis. Das ist sicher unbestritten“, schreibt sie. Aber auch Kulturlandschaft schaffe Lebensräume für viele Pflanzen und Tiere und trage zum Erhalt der Artenvielfalt bei.
Die Voerderin berichtet: „Als sich meinem Mann und mir vor etwa zehn Jahren die Frage stellte, ob wir die alten Streuobstwiesen meiner Schwiegereltern pflegen und erhalten, haben wir bewusst eine Entscheidung getroffen. Wir wollten den Fortbestand dieser einzigartigen Kulturlandschaft mit Kopfweiden und Streuobstwiesen und würden unsere Energie zu ihrem Erhalt einsetzen.“
Das Grün der Wiesen unter den Obstbäumen der Benninghoffs ist mit Wildgräsern und Wildkräutern bewachsen. Nicht nur Pflanzen und Insekten fühlen sich hier wohl, auch Singvögel und Käuzchen finden in den Ästen der alten Obstsorten ihre Heimat. Nicht zuletzt freut es den Hobbyimker, der dort ein paar Bienenvölker hält. „Dort, wo herkömmliches Mähwerkzeug nicht hinkommt, eignen sich Schafe und kleine Robust-Rinder zur Beweidung und Pflege“, schildert die Voerderin in ihrem Leserbrief.
Die Benninghoffs entschieden sich damals für die Anschaffung von ein paar Galloway Rindern: kleine, langsam wachsende Wildrinder, die ganzjährig im Freien gehalten werden. Mittlerweile pflegt die kleine Mutterkuhherde zwanzig Hektar zusätzliche Streuobstwiesen. Die herabfallenden Früchte vom weißen Klarapfel, grauer Renette, Boskop, Gellerts Butterbirne, James Grieve und Co. werden gern von den Tieren gefressen. Was für Pferde mit Koliken endet, wird von den Galloways gut vertragen.
„Die Mehrzahl solcher kulturell geschaffenen Biotope wird von kleinen Tierhaltern extensiv und im Nebenerwerb gepflegt. So leisten sie einen engagierten Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt“, schreibt Birgit Benninghoff. Diese Pflege sei jedoch aufwendig, zeitintensiv und teuer. Allein der Zaunbau, dessen Kontrolle und Reparatur, nehme viel Zeit und Geld in Anspruch. Rinder und Schafe sind Fluchttiere. Bei einem Ausbruch haftet der Halter für Schäden. Laufen die Tiere auf Straßen, wird es für Menschen schnell lebensgefährlich. Hier sei neben viel Arbeitseinsatz eine gute Haftpflichtversicherung unabdingbar.
„Für uns und unsere kleine Herde – und ich gehe davon aus, dass es vielen Tierhaltern so geht – ist es weder zeitlich noch finanziell zu leisten, Herdenschutzhunde zu halten“, macht Birgit Benninghoff deutlich. „Davon abgesehen würden sich die Bewohner in der Nachbarschaft unserer Streuobstwiesen sicher nicht erfreut, Tag und Nacht von Hundegebell belästigt zu werden. Wer einmal neben einer von Herdenschutzhunden bewachten Wiese gelebt hat, weiß, wovon ich rede.“
Auch daran lässt sie keinen Zweifel: „Sollte es einen Wolfsangriff auf unsere Galloways geben, wäre das auch das Ende für unsere Streuobstwiesen, weil eine Pflege nur mit Hilfe von Weidetieren zu erreichen ist. Diejenigen, die sich so vehement für den Wolf innerhalb unserer Kulturlandschaft einsetzen, sollten vielleicht dieses Thema einmal bis zu Ende denken.“
Letztendlich mache man kleinen Landwirten das Leben schwer und bestrafe die, die „mit großem persönlichem Einsatz unsere Kulturlandschaft in ihrer Form erhalten“. Die große, industrielle Landwirtschaft werde davon nicht tangiert. Im Gegenteil: „Bald lohnt sich nur noch die Massenproduktion“, schreibt Birgit Benninghoff. Und das sei kontraproduktiv für Biodiversität und Artenschutz.