Interview: Gerhard Kube Wenige Schüler fühlen sich überlastet

Dinslaken · Der Leiter des Gymnasiums Voerde schildert seine Erfahrungen mit dem Abitur nach acht Gymnasialjahren (G 8).

 Gerhard Kube, Leiter des Gymnasiums Voerde, berichtet von den Erfahrungen, die an seiner Schule mit dem Abitur nach acht Gymnasialjahren gesammelt wurden.

Gerhard Kube, Leiter des Gymnasiums Voerde, berichtet von den Erfahrungen, die an seiner Schule mit dem Abitur nach acht Gymnasialjahren gesammelt wurden.

Foto: Martin Büttner

In NRW bleibt es beim Abitur nach acht Gymnasialjahren (G 8). Das erklärte der von Schulministerin Sylvia Löhrmann eingesetzte Runde Tisch in seiner Abschlusssitzung. Herr Kube, war etwas anderes zu erwarten, eventuell die Rückkehr zum Abitur nach neun Gymnasialjahren?

Kube Ich habe keine wesentlichen Veränderungen erwartet, denn die Ministerin hat in der Vergangenheit keinen Zweifel daran gelassen, dass es bei G 8 bleiben wird. Wohl wird es einige Nachbesserungen geben, die ich, vorsichtig formuliert, als wirkungsarme Veränderungen bezeichnen möchte.

Wie sind die bisherigen Erfahrungen mit G 8 am Gymnasium Voerde?

Kube Unauffällig bis positiv. Wir haben über viele Jahre daran gearbeitet, dass G 8 gelingt. Dafür wurden die Lehrpläne angepasst und umgeschrieben, aus den früheren Lernzielen wurden Kompetenzen. Die Abschlüsse des ersten Doppeljahrgangs waren im G 8-Bereich etwas besser als bei G 9 - nicht signifikant, aber trotzdem einen Tacken besser. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir ein Ganztagsgymnasium sind und zahlreiche Förderangebote haben, in die G 8 eingebettet ist.

Wie empfinden die Schüler G 8? Ist dies eine zusätzliche Belastung?

Kube Dazu haben wir eine interne Umfrage gemacht. Etwas über 75 Prozent verneinten es, G 8 als eine zusätzliche Belastung zu empfinden. Einige Schüler meinten allerdings, sie seien überlastet. Wieder andere gaben in der Umfrage an, dass alles, so wie es sei, gut sei.

Worauf führen Sie das zurück?

Kube Die jüngeren Schüler, für die G 8 galt, sind anders angetreten. Sie wussten genau, dass sie ein Jahr weniger Zeit für das Abitur haben, und sie haben fleißiger gelernt. Die G 9-Schüler hingegen wussten, dass es nach oben noch Luft gibt und haben rechts und links des Weges geschaut, manchmal auch mehr die Ruhe des Gemüts gepflegt.

Als es um die Einführung von G 8 ging, gehörten Sie zu den Gegnern.

kube Das stimmt. Damals lauteten die Argumente: Der Stress wird für die Schüler größer und die Freiräume, die Bildung dringend braucht, werden kleiner. Jetzt, nach zehn Jahren, gibt es kein Zurück zu G 9, denn das wäre eine Katastrophe für unsere Kollegien, die seit zehn Jahren an der Optimierung von G8 arbeiten. Die Pädagogik hat sich inzwischen erfolgreich den nun nicht mehr neuen Bedingungen angepasst, wie ich meine.

Kritiker von G 8 sagen, dass die angehenden Abiturienten mehr Zeit brauchen, um sich selbst zu finden.

Kube Da ist viel dran. Vor der Einführung von G 8 drängte die Wirtschaft darauf, dass die Jugendlichen früher in Beruf und Studium einsteigen sollten. Das Erwachsenwerden braucht aber Zeit. Die Ausbildung von Wert- und Moralvorstellungen funktioniert nicht nach wirtschaftlichem Zeittakt. Schüler sollten Zeit haben, Goethe oder einen philosophischen Text zu lesen. Wenn man sich dafür Zeit lassen kann, wird sich das im späteren Leben positiv auswirken. Auch im Wirtschaftsleben. Bildung besitzt einen Selbstwert. Sie darf nicht ökonomisiert werden, wie das zurzeit leider geschieht

Was für Zukunftspläne gibt es am Gymnasium Voerde?

Kube Gegenwärtig überlegen wir, ob wir die Angebote außerhalb des Unterrichtes, die mit dem Ganztag zu tun haben, beispielsweise Arbeitsgemeinschaften, Profile und Projekte, ausweiten sollen - damit die Schüler gern zur Schule kommen und wir sie zusätzlich motivieren können. Auch haben wir ein Zentrum für Diagnostik und Beratung eingerichtet, um Schüler und Eltern besser beraten zu können. Denn das zeichnet, so glaube ich, eine gute Schule aus: Eine Schule ist gut, wenn Schüler und Lehrer gern hingehen.

HEINZ SCHILD FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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