Bergbaugeschichte Dinslaken Als auf Zeche Lohberg das Licht ausging

Dinslaken · 2005 wurde das Bergwerk Lohberg geschlossen. Auch ein Streik der Kumpel in 1000 Metern Tiefe hatte das Aus nicht verhindern können. Mittlerweile ist der gesamte Kohlebergbau ist Vergangenheit.

 Am 30. Dezember 2005 wurde hier die letzt Kohle gefördert. Vom einstigen Wahrzeichen des Bergwerks Lohberg steht heute nur noch die Außenhülle.

Am 30. Dezember 2005 wurde hier die letzt Kohle gefördert. Vom einstigen Wahrzeichen des Bergwerks Lohberg steht heute nur noch die Außenhülle.

Foto: Kazur, Jörg (jok)

„Weißt Du noch...“ Wenn Gerd Hardacker auf seinem Fahrrad nach Lohberg fährt, nimmt er immer noch den gleichen Weg wie damals. Er war gerade einmal 14 Jahre alt, als er 1962 „angelegt“ wurde, also in die Lehrwerkstatt des Bergwerks Lohberg ging. Vor etwas über 20 Jahren ging er in Rente, ein paar Jahre vor dem endgültigen Aus des Bergwerks Lohberg am 31. Dezember 2005.

15 Jahre sind inzwischen vergangen, sind die Feuer auf Lohberg erloschen. „So lange schon?“, fragt Peter Psiuk erstaunt. Dann rechnet er nach. „Stimmt. Ich bin vor der Zechenstilllegung nach Lippe gekommen, Lohberg zuzumachen, ist mir erspart geblieben, dafür habe ich dann die Zeche Lippe dichtgemacht“, erzählt er. Es sei eine spannende Zeit auf dem Bergbau gewesen, in der er viel gelernt habe, beruflich und auch menschlich, „doch die Zeit war auch anstrengend und intensiv“, so Psiuk. Mehrere Jobs habe er durchlaufen – alles bei einem Arbeitgeber, das sei sonst nirgends möglich, berichtet er. Zudem habe er viele Menschen kennengelernt, vom kleinsten Arbeiter bis hinauf zum Bergwerksdirektor. „Das war schon spannend.“

Inzwischen ist der komplette Bergbau mit der Schließung der beiden letzten Zechen Prosper-Haniel und Ibbenbühren Vergangenheit, doch noch heute ist Psiuk der Meinung, dass man Lohberg hätte länger fördern lassen sollen. Damit steht er nicht allein. Viele Millionen Tonnen Kohle lagern noch im Berg, die Zeche hätte eigentlich auf Jahre fördern können.

Doch 1991 kippte die Stimmung in der Politik. Größter Gegner der Kohleförderung war damals die FDP mit Jürgen Möllemann und auch die Grünen pochten auf den Umweltschutz, wollten einen Ausstieg aus der Kohleförderung. „Wir Bergleute fühlten uns damals verraten, vor allem von der ,Möllemann-Politik‘“, wettert Walter Wesemann, früheres Betriebsratsmitglied. Lange Proteste der verschiedensten Art riefen die Bergleute ins Leben – Mahnwachen, Menschenketten, Demonstrationen in Bonn.

Selbst eine Protestaktion, bei der die Frühschicht in den Berg einfuhr, aber für 36 Stunden nicht wieder herauskam, wurde durchgeführt. Gerd Hardacker erinnert sich: „Der Streik kam nicht von ungefähr, der Betriebsrat hatte ihn ersonnen und nur ausgesuchte Leute zur Frühschicht hinuntergeschickt. Man hatte Männer gesucht, die nicht durchdrehen würden, die stark genug waren, in 1000 Metern Tiefe auszuharren.“ Zwar streikten sie nicht auf der K-Sohle, also dort, wo die Kohle abgebaut wurde, sondern weiter oben. Dort herrschte zwar gute Luft, aber die Finsternis war auch nicht ohne. Abwechselnd wurde lediglich eine Grubenlampe entzündet, um wenigstens etwas Licht zu haben. „Unsere Familien baten uns, aufzuhören, doch wir hielten durch“, erzählt Gerd Hardacker weiter. „Ich gebe zu, es war abenteuerlich.“ Und immerhin warteten oben über Tage die gesamte nationale Presse und das Fernsehen auf die Streikenden. Denn das hatte es noch nie gegeben in der Geschichte des Bergbaus.

Und die dauerte auf Lohberg immerhin 100 Jahre. 1906 fasste man den Beschluss, eine Schachtanlage auf einem Landstrich bei Lohberg zu bauen. Zuvor war bereits die Gewerkschaft Lohberg gegründet worden. 1907 begann man mit der Bohrung von Gefrierlöchern, einem neuen Verfahren, mit dem geteuft werden sollte. Auch das einzigartig, so dass die ganze Welt neugierig auf Lohberg schaute. 1912 begann die Kohleförderung – 1431 Tonnen Kohlen wurden heraufgeholt unter der Leitung von Betriebsinspektor Heinrich Selbold, der seine Arbeit auf Lohberg ein paar Jahre später mit dem Leben bezahlen sollte. Er wurde bei den Märzunruhen 1920 von Rotarmisten ermordet.

Ja, 100 Jahre Lohberg ist auch eine Zeitreise durch die Geschichte. Und den Ortsteil Lohberg gebe es heute nicht, wäre da nicht die Zeche gewesen. Denn für seine Arbeiter benötigte August Thyssen Wohnungen und so wurde Lohberg nach dem Vorbild der englischen Gartenstadt erschaffen.

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