Unsere Woche Von einem Bürgermeister, der nix richtig erklären kann

Dinslaken · Warum ein Bürgermeister, der in kurzer Zeit drei Bürgerbegehren auslöst, damit offenbart, dass er ganz offenbar Probleme hat, sein Handeln hinreichend zu erklären.

Der Niederrheiner an sich weiß nix, kann aber alles erklären. Dieses Diktum des "Chefideologen des Niederrheins", als den die Hamburger Wochenzeitschrift "Die Zeit" einst Hanns Dieter Hüsch titulierte, ist zwar zugegebenermaßen arg pointiert, hilft aber zu verstehen, wie die Menschen hier in der Region ticken und wie die Kommunikation unter ihnen funktioniert. Nun kommt Dinslakens Bürgermeister Michael Heidinger bekanntermaßen gebürtig nicht vom Niederrhein. Vielleicht erklärt genau das ja die Tatsache, dass er, wiewohl er unbestreitbar ne ganze Menge weiß und diese Stadt seit er dem Dinslakener Rathaus vorsteht, unzweifelhaft ein gutes Stück vorangebracht hat, solche Probleme hat, den Menschen zu erklären, was er denn so treibt. Innerhalb kurzer Zeit hat dieser Bürgermeister drei Bürgerbegehren ausgelöst - zwei in der Diskussion um die Zukunft der Bäder und eines, das nun sogar in einen Bürgerentscheid mündet, in Sachen Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes. Das muss ein Stadtchef auch erst einmal schaffen.

Bleibt die Frage: Und warum jetzt das Ganze? Schließlich war in der Bäderfrage ratzfatz eine Lösung gefunden, über deren Sinnhaftigkeit man zwar streiten darf, die die Gemüter aber umgehend befriedete. Und das war eine Lösung, auf die der Bürgermeister bei einigem guten Willen auch ohne den Druck der Bürgerbegehren hätte kommen können. Und was den Bahnhofsvorplatz angeht, haben der Bürgermeister und seine Verwaltung doch nun wahrlich hineichend stichhaltige Argumente auf ihrer Seite. Kein Dinslakener kann sich ernsthaft wünschen, dass die Verkehrssituation dort so bleibt, wie sie ist. Dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens es dennoch geschafft haben, vergleichsweise problemlos genügend Unterschriften zusammen zu bekommen, um einen Bürgerentscheid zu erzwingen, kann also nur bedeuten, dass dem Bürgermeister und seiner Verwaltung das richtige Gespür dafür fehlen, ihr Handeln zu erklären.

Der Grund dafür liegt auf der Hand. Wer etwas vernünftig erklären will, muss erst einmal zuhören können. Nur dann erfährt er, welche Fragen sein Gegenüber beantwortet haben will. Zum Zuhören gehört allerdings unabdingbar auch, den Gesprächspartner ernstzunehmen und eigene Positionen in Frage stellen zu können. Daran hapert's bei Dinslakens Bürgermeister aber offensichtlich, wie in der Ratssitzung dieser Woche wieder einmal zu besichtigen war. Ja, es ist ja richtig, dass die finanzielle Misere der Stadt zu einem großen Teil darauf zurückzuführen ist, dass ihr vom Bund Aufgaben aufgedrückt werden, für deren Erledigung der nicht zahlt. Genauso richtig ist, dass die Stadt deswegen nicht darauf verzichten darf, in ihre Zukunft zu investieren. Genauso richtig ist aber auch, dass die Stadt dabei auch immer ihr eigenes Tun kritisch hinterfragen muss. Und da kann ein Bürgermeister die Frage, warum die Personalkosten im Rathaus in den vergangenen Jahren explodiert sind, nicht mit seinen ständig wiederholten Allgemeinplätzen abbürsten. Er sollte sich schon die Mühe machen, von Fall zu Fall zu erklären, warum die eine oder andere Stelle nun tatsächlich notwendig ist, damit die Verwaltung ihre Aufgaben erfüllen kann.

Aber da ist der Bürgermeister dann wohl doch ganz beim Niederrheiner. Über den hat Hüsch auch geschrieben. "Wenn der Niederrheiner mal etwas weiß, dann weiß er dat aber auch ganz fest bis an sein Lebensende, bis in alle Ewigkeit. Auch wenn et gar nich stimmt." Und dann muss selbst der Niederrheiner nix mehr erklären.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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