Dinslaken Uhus ziehen auf Deponie drei Junge groß

Dinslaken · Guido Wassink erforscht Uhu-Populationen in den Niederlanden und im Westen Deutschlands. Für das Beringen des gefiederten Nachwuchses reiste der Experte aus seinem Heimatland nach Dinslaken an.

Ein rundliches, beige-graues Wollknäuel mit gelben Augen, aus dem ein spitzer Schnabel und scharfe Krallen herausschauen: So sieht der Nachwuchs bei Familie Bubobubo aus, wie der lateinische Name des Uhus lautet. Auch wenn die Kleinen erst ein paar Wochen alt sind, wiegen sie schon über ein Kilogramm und sind etwa 25 Zentimeter groß. Drei Junge, der unter Naturschutz stehenden Vogelart, sind im Mai geschlüpft und werden von der Mutter aufgezogen. Der Anblick einer Uhu-Familie hat nach wie vor Seltenheitswert, da der natürliche Lebensraum des Nachtjägers immer begrenzter wird. Nach Schätzungen gibt es derzeit nur rund 2000 Brutpaare in Deutschland.

Zur Ansiedlung und zum Erhalt dieser größten europäischen Eule hat ThyssenKrupp Steel Europe auf dem Gelände der Deponie Wehofen-Nord in Dinslaken eigens einen Nistkasten in 15 Metern Höhe aufgestellt. Eine geschützte Umgebung und ein idealer Platz um Junge auszubrüten und großzuziehen, befand ein Uhu-Paar, machte sich hier im Frühjahr heimisch und sorgte für Nachkommen. Für die drei geschlüpften Männchen stand jetzt ein wichtiger Termin an: Sie wurden von einem Uhu-Fachmann aus den Niederlanden beringt. Nun sind die jungen Uhus flügge und verlassen ihr Nest.

Deponiefläche und grüne Natur sind heutzutage keine Gegensätze mehr. Viele Deponien und Halden sind mittlerweile renaturierte, ökologisch kontrollierte Gebiete, die oft der Naherholung dienen. Vergleichbares gilt laut ThyssenKrupp auch für die nicht mehr im Betrieb befindlichen Flächen der Deponie Wehofen-Nord am Rande Dinslakens. Dort ist in den vergangenen Jahren Raum für wild ebende Tier- und Pflanzenarten geschaffen worden. 2011 wurde der Münsteraner Biologe Ingo Bünning von ThyssenKrupp mit der ökologischen Baubegleitung der Halde Wehofen-West und der Werksdeponie Wehofen-Nord beauftragt, der seitdem auch die Renaturierung der stillgelegten Flächen beaufsichtigt und dokumentiert.

"Viele geschützte Arten siedeln sich gerne auf solchen Deponien und Halden an. Über die Jahre entstehen so komplett neue Lebensräume", erläutert Bünning. "Wir haben hier auf der Werksdeponie vor Ort im Frühjahr Kotspuren und Gewölle von Uhus identifiziert. Uns war dann klar, dass die Vögel Nahrungsgäste auf der Deponie sind. Wir haben uns entschieden, etwas zu tun und den Uhus mit Hilfe von ThyssenKrupp Steel Europe und der fachlichen Unterstützung von Walter Hingmann, einem Uhu-Experten am Niederrhein, eine Nisthilfe gebaut", so der Biologe. Und tatsächlich hat ein Uhu-Paar den geschützten, in luftiger Höhe installierten Platz bald in Beschlag genommen, um Nachwuchs zur Welt zu bringen. Regelmäßig wurde der Nistplatz kontrolliert und im Mai war es soweit: Drei kleine Uhus waren geschlüpft. "In dieser Phase ist Ruhe besonders wichtig", erklärt Bünning. "Gibt es zum Beispiel während der Brutphase Störungen, kehren die Vögel oft nicht mehr zum Nest zurück". Auf der Werksdeponie fanden die Uhu-Eltern Ruhe und Abgeschiedenheit und vor allem ausreichend Nahrung, um ihren Nachwuchs aufzuziehen.

Wenn Gejo Wassink von der "OehoeWerkgroep Nederland" kommt, herrscht bei Uhu-Familien immer ein wenig Aufregung. Denn der Niederländer ist einer der ganz wenigen Experten, die das Beringen der Vögel vornehmen dürfen. Und diese Aufgabe ist wichtig: "Ich erforsche Uhu-Populationen in den Niederlanden und im Westen Deutschlands", erzählt Wassink. "Das Beringen gibt uns zum Beispiel Aufschluss über das Migrationsverhalten. Das sind für den Artenschutz wichtige Informationen." Denn obwohl ihre Zahl nicht mehr zurückgeht, sind Uhus nach dem Bundesnaturschutzgesetz weiter eine streng geschützte Art. Auch die Wehofener Uhus wurden so erfasst und dokumentiert. Nach dem Beringen setzte Wassink die stattlichen Jungvögel wieder behutsam zurück in den Nistplatz. "Die Deponie bietet den Vögeln eine tolle Umgebung", freut sich der Ornithologe.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort