Fanstastival in Dinslaken Sting erklärt das Ruhrgebiet

Dinslaken · Kabarettist Kai Magnus Sting schaut den Einwohnern des Reviers genau auf den Mund. Das Ergebnis der Analyse: eine witzige Mixtur aus Wortspielen, Beziehungshumor und jede Menge Lokalkolorit.

 Schicht im Schacht: Kai Magnus Sting analysierte nicht nur die Sprache des Ruhrgebiets, sondern witzelte auch über den Alltag im Revier.

Schicht im Schacht: Kai Magnus Sting analysierte nicht nur die Sprache des Ruhrgebiets, sondern witzelte auch über den Alltag im Revier.

Foto: Jörg Kazur

Am Anfang war Gott — und seine Frau. So beginnt bei Kai Magnus Sting die Geschichte des Ruhrgebietes. Der Herr erschafft die ganze Landschaft. Und was ist das Zentrum des Ganzen? Natürlich "datt Büdken". Der kleine Kiosk, an dem sich die Einwohner des Kohlenpotts zum Philosophieren treffen, selbst, wenn sie — so Sting — eigentlich gar nichts zu sagen haben. "Weiße schon datt Neuste?" "Nee!" Gespräch beendet. Auch Krankmeldungen klingen rund um die Ruhr anders. "Nur hier wird man krankgeschrieben, weil man Gemüt hat", meint Sting.

Überhaupt hat sie es dem Kabarettisten angetan, die Sprache des Ruhrgebiets. Das überall gegenwärtige "Hömma" und das universal einsetzbare "Siehse" gehören ebenso zum Vokabular des Kabarettisten, wie Sätze, die empfindsamen Sprachwächtern die Tränen in die Augen treiben dürften. "Tunse mich mal dem Gehackten!", hört Sting einen Mann beim Metzger sagen. Sein Urteil: "So ein Satz müsste in jeder anderen Region operativ entfernt werden." Wenn sich Kai Magnus Sting auf derartige Wortsalate stürzt, die er in blitzschneller vorgetragener, verbaler Akrobatik entweder entwirrt oder noch weiter verdichtet, dann erinnert er bisweilen ein wenig an Hanns Dieter Hüsch. Allerdings in Ruhrpott-Version.

Typisch dabei die Geschichten, die der Kabarettist scheinbar aus seinem eigenen Erfahrungsschatz zieht. Manchmal alltäglich, manchmal unglaublich, aber immer interessant und lustig. Da plant ein 94-Jähriger die Überquerung des Pazifiks mittels Tretboot, verabschiedet sich dann aber lieber zu seinem Schwager, der jetzt eine Kegelbahn in seinem Schrebergarten aufgebaut hat. Sting plant da lieber eine Radtour mit "seiner ständigen Begleiterin", die ihm gehörig auf den Keks geht. "Ich fahr doch nicht mit dir mal schauen nach mal gucken!", brüllt er, sich weigernd, je wieder ein Fahrrad zu besteigen. "20 Minuten später ging die Tour dann los", gesteht er kleinlaut. Es kann auch schon mal vorkommen, dass der lautstarke Abschied von Bekannten der Nachbarn um 2.30 Uhr in der Nacht zu einem Austausch von Kuchen- und Nudelsalat-Rezepten aller Straßenbewohner führt.

Am Ende seines Auftritts setzt er zum Rundumschlag an. Politik, Kirchen, Medien — alle bekommen etwas ab. "Die halten uns alle für dümmer, als wir jemals werden könnten", ruft Sting und zeichnet dann die neue Karriere nach: von einer Reality-TV-Sendung in die nächste. "Und wenn alle Stricke reißen, furzt man auf einer Bühne und wird Supertalent." Applaus und Lacher vom Publikum.

(RP)
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