Dinslaken Staatsanwalt will keine Öffentlichkeit

Dinslaken · Ölpellets-Skandal auf der Gartroper Mülldeponie: Gahlener Abfallmakler muss sich vor dem Bochumer Landgericht verantworten. Nun spielt auch die Firma BP eine Rolle. Der Anwalt des Angeklagten lehnt Einstellung des Verfahrens ab.

Im Strafprozess vor der zweiten Strafkammer des Landgerichts Bochum gegen einen Abfallmakler aus Gahlen verlief jetzt einiges anders, als es alle Beteiligten erwartet hatten. Dem Mann wird bekanntlich vorgeworfen, zusammen mit anderen zwischen April 2010 und September 2013 illegal auf der Gartroper Deponie Mühlenberg 29.000 Tonnen Ölpellets entsorgt zu haben.

In der letzten Sitzung im April gab der Vorsitzende Richter dem Staatsanwalt und der Verteidigung die Gelegenheit darüber nachzudenken, ob man der Einstellung des Verfahrens nach Paragraf 153 der Strafprozessordnung zustimmen möchte. Danach müsste der Angeklagte 20.000 Euro an eine Umweltorganisation zahlen.

Gleich zu Beginn der jüngsten Sitzung gab der Verteidiger des Angeklagten im Rahmen einer kurzen Stellungnahme bekannt, dass man zwar grundsätzlich an einer Verfahrenskürzung interessiert sei, aber nicht zu Lasten des Angeklagten. Es gebe nur zwei Betrachtungsstränge. Wenn man in einem ersten Gedankenstrang davon ausgehe, dass der Angeklagte ein Produkt der BP erworben habe, dann bedeute die Weitergabe des Produktes nichts Ungesetzliches. Wenn es sich bei den BP-Pellets aber um einen Abfall gehandelt habe, dann sei die BP dafür verantwortlich zu machen. Die BP habe die Ölpellets, die eigentlich nur verbrannt werden dürfen, an acht Betriebe geliefert, von den einige keine Öfen besäßen.

Bevor der Verteidiger seine 64 Seiten umfassende Einlassung zu den Äußerungen des Staatsanwaltes verlesen konnte, bat der Staatsanwalt um Verlesung einer kurzen Stellungnahme. Im ersten Teil stellte er fest, dass nach allen verfügbaren Unterlagen die BP mit Ölpellets handeln durfte. Es sei zwar ein problematisches Produkt. Solange es verbrannt werde, bestehe kein Problem. Die Deponierung sei hochproblematisch und verboten. Am Prozess der Deponierung habe der Gahlener mitgewirkt. Eine Strafmilderung sei im Falle einer Mitschuld nicht möglich.

Zur Verlesung der 64 Seiten des Verteidigers kam es nicht, weil der Staatsanwalt den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragte. Er hatte erfahren, dass der Verteidiger Inhalte aus drei Ordnern bekannt geben wollte, in denen die Planungen der BP für den fragwürdigen Umgang mit Ölpellets detailliert geschildert werden. Die Ordner würden viele Betriebs- und Firmengeheimnisse beinhalten. "Der Schutz der Privatinteressen ist größer als das Interesse der Öffentlichkeit", stellte der Staatsanwalt fest.

Nach einer zehnminütigen Beratungspause beriet das Gericht das weitere Vorgehen. Der Rechtsanwalt übergab dem Richter seine Einlassung mit der Bitte, die Kammer möge überprüfen, ob gemäß dem Antrag des Staatsanwaltes die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden soll. Auch der Staatsanwalt erhielt eine Durchschrift.

Das Gericht hat nun sechs Wochen Zeit zu klären, ob die 64-seitige Einlassung öffentlich oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit verlesen werden soll. Als Termin ist der 20. Juni vorgesehen.

"Das ist ein massiver Eingriff in die Rechtsstaatlichkeit", bewertete der Verteidiger den Antrag des Staatsanwaltes, die Öffentlichkeit auszuschließen, zumal man seitens der Verteidigung keine Firmengeheimnisse bekannt geben wolle, sondern nur die Praxis der Firma beim Versuch, die Ölpellets mit allen möglichen Tricks zu entsorgen, offenlegen wolle. Da die Verteidigung einen Vergleich abgelehnt hat, läuft die Hauptverhandlung nun weiter. Bis zum 8. August wurden sieben weitere Verhandlungstermine angesetzt. Im weiteren Verfahren möchte die Verteidigung den Nachweis verstärkt führen, dass die BP die Hauptschuld an der letztendlichen Deponierung der Ölpellets trägt. Der Staatsanwalt hat eine andere Sichtweise und sagte: "Man klagt doch nicht gegen den Hersteller von Küchenmessern, nur weil mit dem Messer ein Verbrechen geschieht."

(RP)
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